Marinierte Karotten

Marinierte Karotten

Auch, wenn es das Restaurant schon lange nicht mehr gibt: Diese Karotten mit Balsamico und Minze gehören zu den besten Vorspeisen, die jemals auf einer Speisekarte standen.

Von Juri Gottschall

Im Frühjahr 2010 eröffnete am Münchner Maximiliansplatz in einem ehemaligen Autohaus ein Restaurant. Alle spekulierten, berichteten, schwärmten: Über das neuartige Konzept, die moderne Inneneinrichtung, das Erlebnis an sich. Über die marinierten Karotten.

La baracca war die luxuriöse Variante der Systemgastronomie. In mehreren Räumen saßen Menschen unter hohen Decken und bestellten kleine Portionen über Geräte, die wie die Vorgänger der heutigen iPads aussahen. Das war modern und anders, einwandfrei funktioniert hat es allerdings selten.

Trotzdem war das Restaurant monatelang ausreserviert. Wenn man mal zufällig spontan einen Platz bekam, saß man meist ziemlich beengt an einer Theke – was dann auch okay war, immerhin bekam man überhaupt einen Platz. Der Besuch war immer ein Erlebnis. Denn irgendwie fühlte man sich in den riesigen Räumen mit dem warmen Licht und den vielen Menschen gar nicht mehr wie in München. Sondern eher wie in London oder New York. Soviel weitläufige Eleganz war man nicht gewöhnt.

2013 verschwand La baracca ziemlich plötzlich wieder. Es folgte ein anderes italienisches Restaurant, das nur kleine Teile der großen Fläche nutzte und nicht nur mit dem Raumangebot, sondern auch mit vielen anderen Dingen überfordert schien. Da haben auch die wieder eingeführten Bedienungen nichts geholfen. Auch die La baracca-Filialen in anderen Städten, die nach und nach eröffneten, sind wieder verschwunden.

Geblieben ist die Erinnerung an ein interessantes Konzept, für das die Zeit wohl noch nicht reif war. Und an ein paar Gerichte, die ich nie wieder so gut gegessen habe. Zum Beispiel jene marinierten Karotten, die es in einem kleinen Topf als Vorspeise gab und die ich seit meinem ersten Besuch bei la baracca zuhause nachgekocht und seitdem immer weiter perfektioniert habe.

 

Das Restaurant gibt es längst nicht mehr, aber die Erinnerung an diese marinierten Karotten, die es in einem kleinen Topf als Vorspeise gab sehr wohl

 

Ich koche dafür Karotten (bereits in kleine Stücken geschnitten), bis sie noch etwas Biss haben – also nur sehr kurz. Lasse sie ein bisschen abkühlen und vermische sie dann mit fein gehackter Minze, gerösteten Pinienkernen, etwas Knoblauch, Balsamico (wer alles etwas süßer mag, kocht den Balsamico kurz mit Honig auf, bis er leicht eindickt) und sehr gutem Olivenöl. Nachdem sie ein bisschen durchgezogen sind, werden sie lauwarm serviert.

Das klingt zunächst unspektakulär, ist aber eine geschmackliche Offenbarung, die in ihrer Kombination gleichermaßen überrascht wie überzeugt. Natürlich kennt jeder Karotten, und auch Minze und Knoblauch sind alte Freunde. Die Mischung aber lässt etwas ganz Neues entstehen.

Heute habe ich die marinierten Karotten seit Monaten wieder einmal gemacht und war sofort begeistert wie beim ersten Mal. Eine schöne Erinnerung.