Tortelli di Zucca

Tortelli di Zucca

Seltsam, dass Valeggio sul Mincio so wenigen ein Begriff ist. Dieser kleine Ort zwischen Verona und Mantova ist so etwas wie die Hochburg der Kürbistortelli. Und dies ist das klassische Rezept.

Von Juri Gottschall

Vor ein paar Jahren war ich zum ersten Mal in Valeggio sul Mincio, einem kleinen Ort zwischen Verona und Mantova, der eine fantastische Kochtradition beherbergt. Worum es geht, wird schnell klar, wenn man sich dort nur ein paar Minuten durch die Gassen bewegt. Um Tortelli, Tortellini, Ravioli und jede andere erdenkliche Form gefüllter Nudeln, die die zahlreichen Pastifici dort in jeder Ecke in ihren Schaufenstern präsentieren.

Seitdem besuche ich Valeggio (oder auch Mantova) während fast jedes Italienaufenthalts und fast immer bestelle ich nur ein Gericht: die Tortelli mantovani di zucca, die mit einer Mischung aus Kürbis, Senffrüchten, Amaretti und Grana gefüllt werden. Geschmacklich liegen diese Nudeln weit von allem entfernt, was für gefüllte Pasta sonst üblich ist. Sie sind fast eine Süßspeise, voller Gewürze und Düfte, die man beim ersten Mal kaum zuordnen kann. Serviert mit Butter und Salbei. Gelegentlich gibt es noch geriebenen Käse oder ein paar Körnchen Mohn dazu.

 

Ein Meisterwerk der Geschmackskunst

 

Angeblich werden sie traditionell zu Weihnachten gegessen, ich habe sie aber auch schon im Sommer auf einem Markt auf der Straße bekommen (dort übrigens sogar aus einem Nudelteig mit Kakao, was noch eine Geschmacksrichtung mehr hinzugefügt hat).

 

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Der Kürbis

 

Als ich nun vor ein paar Tagen den ersten Zucca mantovana kaufen konnte, habe ich mich daran gemacht, dieses Meisterwerk der Geschmackskunst nachzubauen. Es macht ein bisschen Arbeit. Es macht aber auch wahnsinnig viel Spaß und das Ergebnis könnte man gut und gerne als ein Lieblingsgericht bezeichnen.

Zunächst schneide ich den Kürbis in kleine Stücke (wer keinen Hokkaido benutzt, muss auch vorher die Schale entfernen) und gebe diese ohne Zugabe von Fett oder Salz in den Backofen. So wird das Fleisch ganz zart und weich ohne feucht zu sein. Das ist wichtig für die Füllung.

Während der Kürbis gart, mache ich den Nudelteig wie hier beschrieben. Um eine hauchdünne Pasta-Qualität zu erreichen, lässt man den Hartweizengrieß ganz weg und verwendet ausschließlich Weichweizenmehl Tipo 00 oder 405. Auch bei den Eiern lohnt es sich, auf maximal ein ganzes Ei und ergänzend nur noch Eigelbe zu setzen. Je mehr Eiweiß und je mehr Grieß im Teig enthalten ist, desto fester und gröber gerät er. In manchen Fällen und je nach persönlichem Geschmack kann das zwar wünschenswert sein. Aber hier empfiehlt sich eine möglichst dünne Teigqualität.

Nach ungefähr einer halben Stunde ist der Kürbis weich. Ich lasse ihn abkühlen und püriere ihn dann zu einer homogenen Masse. Jetzt füge ich fein geriebenen Grana (oder Parmigiano Reggiano, in Mantova benutzt man aber traditionell Grana), die zerstoßenen Amaretti-Kekse sowie die Mostarda (Senffrüchte) hinzu und verrühre alles zu einer weichen Füllung.

Wer möchte, würzt noch etwas mit gemahlener Muskatnuss, Zimt oder Zitronenschale nach. Wenn die Füllung zu feucht ist, was bei im Ofen gegarten Kürbis kaum der Fall sein sollte, helfen Semmelbrösel – die rauben allerdings auch wieder Aroma, entsprechend muss nachgewürzt und abgeschmeckt werden. Alle Geschmacksrichtungen müssen deutlich erkennbar bleiben, die Süße von Kürbis und Amaretti, die Schärfe des Senfs, die Würze des Käses. Bei Bedarf muss man von den einzelnen Zutaten noch ein bisschen mehr dazugeben, bis das Verhältnis stimmt. Die Füllung sollte auch ruhig übertrieben würzig sein, später in der gekochten Nudel verliert sie ohnehin wieder an Intensität.

 

Tortelli di zucca sind groß und prall gefüllt

 

Jetzt werden die Tortelli gefüllt. Der Teig sollte dabei so hauchdünn wie nur möglich und die Füllung großzügig verteilt werden. Die typischen Tortelli di zucca sind ziemlich groß und prall gefüllt.

Dann werden sie kurz in Salzwasser gegart und mit zerlassener Butter serviert.

Wer sich inspirieren lassen möchte, findet bei Youtube eine Auswahl von Videos, die sich mit der Herstellung dieser Spezialität befassen: von der italienischen Großmutter bis zum Küchenchef.

Und wer mal nach Valeggio möchte, sollte das am besten im Juni oder September tun, wenn die beiden größten Tortelli-Feste des Jahres anstehen.