Vellutata verde

Vellutata verde

Grün und Grün gesellt sich gern, und so ist eine Vellutata aus frischem, scharfen Winterkohl ein idealer Partner für das erste erntefrische Olivenöl der Saison.

Von Mercedes Lauenstein

In der Splendido-Küche werden eigentlich aus Prinzip keine pürierten Suppen serviert. Der Begriff „Cremesuppe“ ist uns ein ähnliches Gräuel, wie die daran geknüpften Kindheitserinnerungen: Stundenlang auf runden Geburtstagen entfernter Verwandter in vergilbten Landgasthöfen herumsitzen müssen und überlegen, wie man das aromatisch wie optisch völlig egalisierte Etwas im Suppenteller am elegantesten verschwinden lassen könnte.

Wenn wir hier also eine einfarbige Suppe vorschlagen, für deren Verzehr man keinen einzigen Zahn mehr braucht, muss sie wirklich gut sein. Unsere Liebe zu ihr haben wir über Umwege entdeckt, als wir auf einem Spiegel ebendieser Vellutata einige gefüllte Tortelli anrichten wollten.

 

Diese Vellutata plus das erste Olivenöl der Saison – ein Aromenfest mit alljährlichem Wiederholungspotenzial

 

Die Vellutata schmeckte uns jedoch auch ohne die frische Pasta so überraschend gut, dass wir sie seither regelmäßig kochen, sobald beim Gemüsehändler im Winter die ersten Bund Schwarzkohl und Cima di Rapa auftauchen und wir im Besitz des ersten erntefrischen Olivenöl des Jahres sind. Die grünscharfen Noten beider Komponenten potenzieren sich zum Superlativ – ein Aromenfest mit alljährlichem Wiederholungspotenzial.

Es reicht, zur Suppe etwas geröstetes Weißbrot zu servieren. Aber auch ein Laib guter Pecorino in der Mitte des Tischs ist sicher nicht verkehrt. Natürlich kann man es auch wie wir einst machen, und die Vellutata als Spiegel unter frisch geformten Tortelli anrichten. Wir bleiben jedoch dabei, dass diese Suppe durchaus eine Hauptrolle verdient.

 

So geht’s

 

An die Arbeit: Jeweils einen schönen Bund Schwarzkohl und Cima di rapa besorgen. Die Blätter sollten straff und knackig sein. Schwarzkohl bekommt man in Deutschland in den Wintermonaten mittlerweile in jedem Bioladen, für Cima di Rapa (oft auch als Stängelkohl verkauft) braucht man mancherorts noch immer einen besser sortierten Gemüsehändler. Die Suppe schmeckt aber auch mit nur einer der beiden Gemüsesorten sehr gut. Außerdem eine Stange Lauch und ein paar schön gelbfleischige, festkochende Kartoffeln einkaufen.

Von der Cima di Rapa nur die holzigsten Stellen ihres Strunks entfernen und diese entsorgen. Alles andere kann man essen. Die Schwarzkohlblätter hingegen sollte man jeweils von ihren zähen Mittelsehnen befreien. Das geht unkompliziert, in dem man jedes Blatt mit einer Hand am dickeren Ende festhält und mit der anderen Hand das Blattwerk vom Stiel abstreift. Die nackten Stiele entsorgen.

Blätter beider Kohle grob hacken und beiseitestellen. Auch den Lauch seines Strunks entledigen, außerdem die oft etwas trockenen äußeren Blätter abziehen. Die so präparierte Stange in feine Ringe schneiden. Die Kartoffeln schälen und würfeln. Altes Weißbrot würfeln (oder in Ermangelung desselben entweder frisches Brot toasten oder im Ofen austrocknen lassen).

 

Vorsicht mit der Menge von Brühe oder Wasser, die Suppe darf nicht verwässern

 

In einem Topf Olivenöl erhitzen und den Lauch darin sanft anbraten. Er sollte keine Farbe bekommen, aber schön weich geraten, etwa so, wie geschmolzene Zwiebeln. Dann die gewürfelten Kartoffeln dazugeben, etwas mit garen lassen und schließlich auch die Kohlblätter und das Brot in den Topf geben.

Mit etwas Gemüsebrühe oder Wasser behutsam angießen. Die Flüssigkeit sollte gerade ausreichen, um das Gemüse zu garen, den Kohl aber nicht vollständig bedecken. Die Vellutata würde sonst zu wässrig. Lieber mit zu wenig Wasser oder Brühe anfangen und im Zweifel später nachgießen.

Salzen und pfeffern und gut zwanzig Minuten auf sanfter Hitze unter gelegentlichem Rühren vor sich hin köcheln lassen. Mit einem guten Mixer danach den Topfinhalt zu einem feinen Brei pürieren. Je nach Potenzial des Mixers kann man die Vellutata danach auch noch einmal durch ein feines Sieb drücken, damit sie ihrem samtigen Namen auch wirklich alle Ehre macht.

Final abschmecken und eventuell vor dem Servieren erneut erwärmen. Auf dem Teller mit einem großzügigen Filo d’olio schmücken und jeden Löffel der grünen Aromenvielfalt genießen.

Dieser Text ist auch in Merum erschienen, dem Italien-Magazin für Wein, Olivenöl, Reisen und Speisen, mit dem wir regelmäßig zusammenarbeiten.