Agnolotti al Tovagliolo

Agnolotti al Tovagliolo

Wenn ein Festessen das nächste jagt: Agnolotti al Tovagliolo verwerten Bratenreste auf das Eleganteste.

Von Mercedes Lauenstein

Viele halten die Herstellung der aus dem Piemont stammenden Pastaform namens Agnolotti für eine höhere Kunst. Ihre Form scheint auf den ersten Blick recht trickreich. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Agnolotti sind schnell gemacht, man braucht dafür nicht mehr als ein Nudelholz und ein Pastarädchen. Einmal jemandem dabei zugesehen (zum Beispiel italienischen Pastaköchinnen auf YouTube), schon hat man es raus – und wieder ein Werkzeug mehr erworben zur eleganten Alltagsbewältigung.

 

Den Alltag eleganter bewältigen mit Agnolotti

 

Im Winter ist es im Piemont kalt, feucht und neblig. Und wie in vielen kalten, feuchten und nebligen Gegenden der Erde hat man ein Gegenmittel dazu entworfen. Warme, saftige und würzige Braten. Von diesen Braten bleiben oft Reste, und damit diese Reste am nächsten Tag nicht einfach nur aufgewärmt werden, sondern sich in ein neues Gericht von ungeahnter Noblesse verwandeln dürfen, verarbeitet man sie zur Pastafüllung. Genauer: Zur Agnolotti-Füllung.

Ja, gut, aber warum in alles auf der Welt werden sie auf einer Stoffserviette serviert? Verzeihung, auf einer ausschließlich mit Marsigilia-Seife gewaschenen und mit Parmigiano Reggiano bestreuten Stoffserviette?

 

Il tovagliolo ist die Stoffserviette, auf der diese Agnolotti serviert werden

 

Ganz einfach: Damit der zarte weiche Teig nicht austrocknet auf dem Weg zum Tisch und in den Mund. Die Agnolotti al tovagliolo wurden – zumindest traditionell – völlig ohne Soße oder Butterglasur serviert, damit das pure Bratenaroma sich so ungestört wie möglich transportieren konnte. Doch ohne schützende Flüssigkeit trocknete der Nudelteig innerhalb von Sekunden schnell aus. Der Stoffmantel konnte das verhindern. Aus dem gleichen Grund werden chinesische Teigtaschen oft in einem mit Deckel verschlossenen Dampfkörbchen an den Tisch gebracht.

Heute lassen es sich die meisten Köche nicht nehmen, die Agnolotti al Tovagliolo vorher doch einmal kurz in Butter zu schwenken und sie dann auf das mit Parmigiano Reggiano bestreute Stofftuch zu betten. Es lohnt sich aber, das Gericht so traditionell wie möglich zu servieren. Man wird feststellen, dass die Butter nicht fehlt. Und dass die puren Bratenpäckchen ihre Köstlichkeit so einmal auf ganz andere Weise entfalten.

Wem das trotz allem zu trocken und nackt anmutet, kann dazu – auch das ist traditionell üblich – eine separat servierte (!) leichte Brühe servieren. Oder einfach zwischen jedem Bisschen einen kräftigen Schluck Rotwein nehmen.

 

So geht das Rezept für Agnolotti al Tovagliolo

 

In diesen Agnolotti befinden sich übrigens Reste eines Entenbratens. Genauer einer Orangenente. Nicht weniger eindrucksvoll machen sich darin aber Reste jedes anderen Bratens. Ob Rind, Schwein, Gans, Kaninchen, Huhn, Reh oder sogar eine Mischung verschiedener Braten.

Die Füllung ist einfach gemacht, man kann sich dabei wie so oft ganz von der eigenen Intuition leiten lassen: Die Bratenreste mit dem Messer so fein wie möglich hacken und mit etwas zu feinem Schnee geriebenen Parmigiano Reggiano abschmecken. Oft wird auch noch gedünsteter (und gut ausgepresster!) Spinat, Mangold oder Cima di Rapa kleingehackt und unter die Bratenreste gemischt. Das steuert zum Einen eine noch seidigere Textur bei, zum anderen eine angenehme, das Fleisch ausgleichende Gemüse- oder im Fall von Cima di Rapa angenehm würzige Senföl-Note.

 

Die ideale Pasta

 

Den Teig für die frische Pasta entsprechend dieses Grundrezepts zubereiten. Auch hier gibt es noch mehr über frische Pasta zu lesen.

Den Teig dünn auswalzen – je nach persönlicher Vorliebe. In einigen Gegenden Italiens wird der Nudelteig dünner verarbeitet als in anderen. Die Meister der hauchdünn ausgewalzten Pasta sind wohl die Mantuaner, am Ende ist die Teigdicke Geschmacksache. Auch im Piemont gibt es hauchdünne, und rustikalere Pastakonsistenzen. Wer mit einer Nudelmaschine arbeitet, sollte die feinste Stufe wählen und nachher nochmal mit dem Nudelholz nacharbeiten. Wer Pastateig mit der Hand ausrollt (was absolut problemlos funktioniert), sollte sich erst zufrieden geben, wenn die Teigfläche fast durchsichtig erscheint.

 

Nun den ausgewalzten Teig zu einer Teigbahn schneiden, den übrigen Teig vorerst mit Klarsichtfolie abdecken, damit er in der Zwischenzeit nicht austrocknet und die Füllung in regelmäßigem Abstand auf die zurecht geschnittene Bahn setzen. Die Teigbahn nun umklappen und über die Füllung legen, die Zwischenräume gut andrücken um die Luft daraus zu vertreiben. Danach mit dem Pastarädchen die Agnolotti herausschneiden wie in diesem Video. 

In gut gesalzenem Kochwasser garziehen lassen. Auf der frisch gewaschenen Stoffserviette ein kleines Bett aus zu feinem Schnee geriebenem Parmigiano Reggiano anrichten und die gegarten Agnolotti darauf platzieren. Den Stoffdeckel schnell darüber legen und sofort servieren.

Zutaten
Bratenreste vom Vortag, Gemüse (z.B. Spinat, Cima di Rapa), Parmigiano Reggiano. Für den Teig: Mehl Tipo 00, Eier. Zum Servieren: eine mit Marsiglia gewaschene Stoffserviette

 
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