Tortelli mit Artischocken und Minze

Tortelli mit Artischocken und Minzöl

Frischer geht’s nicht: Tortelli mit einer Füllung aus frischen Artischocken und aromatischem Öl aus Minze und Zitrone.

Von Juri Gottschall

In Italien bedient man sich gern Superlativen, auch wenn es ums Gemüse geht. So las ich erst gestern wieder, dass jetzt die Zeit der „Königin des Winters“ sei. Gemeint war die Artischocke. Nun kann man von royalen Wortspielereien halten was man will, es bleibt eine Tatsache, dass die italienischen Artischocken zu kaum keiner Jahreszeit besser sind als zwischen Januar und März. Sie duften grün und frisch nach gemähtem Gras und Frühlingsluft und sind selbst nach ein paar Tagen im Kühlschrank noch knackig und aromatisch wie frisch vom Feld.

Wir haben aus Artischocken schon Sirup gekocht, Salat gemacht, Risotto zubereitet, sie doppelt frittiert und wieder und wieder mit Pasta kombiniert.

Jetzt gibt es sie endlich mal wieder in Tortelli gefüllt. Die Füllung besteht aus einem Artischocken-Pecorino-Gemisch und wird mit einem hocharomatischen Olivenöl mit Minze serviert.

Los geht’s: Aus Eiern und Mehl knete ich zunächst einen klassischen Nudelteig. Hier benutze ich meist nur das Eigelb und eine Mischung aus Mehl und Grieß. Es ist mir aber auch schon oft gelungen, den Teig nur aus Mehl zuzubereiten. Dann wird er noch feiner und lässt sich dünner verarbeiten, ist aber auch weniger stabil und ein bisschen mit Vorsicht zu behandeln. Es kommt also – wie so oft – sehr auf den eigenen Geschmack, das Gefühl und den Verwendungszweck an. Ich habe diesmal ausschließlich Farro Bianco Mehl von der Mulino Marino benutzt. Dieses helle, fein ausgemahlene Mehl, ersetzt bei mir immer öfter das klassische Weizenmehl. Wie man Pastateig grundsätzlich herstellt, haben wir übrigens hier beschrieben.

 

Die Artischocke – die Königin des Winters

 

Während der Teig im Kühlschrank ruht, bereite ich die Artischocken vor, wie hier beschrieben. Allerdings koche ich sie nicht im Ganzen in Weißweinsud, sondern schneide sie in sehr kleine Stücke und dünste diese gemeinsam mit reichlich Knoblauch und einer ebenfalls feinst geschnittenen Schalotte in Olivenöl bis sie gerade so gar sind. Ich lasse das Gemüse abkühlen und reibe dann eine großzügige Menge Pecorino hinein. Jetzt wird alles verrührt und mit Pfeffer und Salz abgeschmeckt bis eine geschmacksintensive, trockene Masse erreicht ist, die sich gut formen lässt. Ich püriere die Artischocken bewusst nicht, weil ich es gerne mag, wenn man später beim Biss auf die Nudel noch eine Ahnung davon bekommt, womit sie gefüllt ist.
Ist das Gemüse zu trocken, kann mit ein wenig geschmolzener Butter nachgeholfen werden. Das Fett gibt nochmal Geschmack und Geschmeidigkeit. Man kann es nicht oft genug erwähnen: Eine Nudelfüllung muss immer ein bisschen zu stark gewürzt sein.

 

Hauchdünner Nudelteig

 

Jetzt den Teig hauchdünn ausrollen und jeweils eine kleine Kugel der Füllung in die Tortelli geben. Ich habe eine klassische Form gewählt, die ich einem flachen Raviolo oft vorziehe. Durch die komplexere Form bilden sich mehr Falten und Hohlräume, in denen sich später die Soße (oder in diesem Fall: das Öl) sammeln kann.

Tortelli mit Artischocken und Minze

Mit bestem Olivenöl (am besten eignet sich eine grasige, frische Sorte, z.B. von Dievole aus der Toscana), Pecorino, gerösteten Pinienkernen, Zitronenschale, Knoblauch und reichlich frischer Minze, bereite ich eine Art dünnflüssiges Pesto zu. Ich lasse es ein wenig ziehen und drücke die Masse dann durch ein feines Sieb, sodass ein grünes, hocharomatisches Öl zurückbleibt. Die festen Bestandteile kann man aufheben und später z.B. als Brotaufstrich essen. Ich würze das Öl noch etwas mit Pfeffer und Salz, frischem Zitronensaft und einer Prise Piment d’Espelette.

Zum Schluss schmeckt das Öl wie eine würzige Version eines frisch aufgebrühten Pfefferminztees mit einem Spritzer Zitrone. Die perfekte Begleitung für die bitteren Artischocken.

Jetzt werden die Nudeln wenige Minuten in Salzwasser gegart, im Öl geschwenkt und sogleich auf dem Teller angerichtet. Das Gericht schmeckt leicht, frisch, aromatisch und ist ein perfektes Primo vor einem winterlichen Hauptgang.