Was für eine gute Idee geschmolzene Zwiebeln und würziger Käse sind, weiß jeder, der schon einmal Käsespätzle gegessen hat. Wenden wir dieses Prinzip also zwischen zwei Brotscheiben an! Jetzt kann man natürlich lange grübeln, welcher Käse sich gut eignet. Hartkäse: Gruyère! Weichkäse? Ein guter, reifer, handwerklich produzierter Rohmilchcamembert oder ein Brie de Meaux, ja, geht gut. Aber noch besser geht Époisses.
Époisses ist ein Dorf in der französischen Bourgogne und dort stellen nur noch sehr wenige Bauern einen Weichkäse her, der meine Geschmacksnerven dermaßen stimuliert als wären chemische Drogen im Spiel. Wenn ich ihn mit seinem hellgelben, sahnig zerlaufenen Kern und seiner feuchten orangefarbenen Rinde in einem wirklich guten Käseladen erblicke, sind mir sämtliche Preisschilder egal, Hauptsache her damit. Die Kühe, die die Milch für den Époisses produzieren, werden mit Roter Bete, Weizen und Mehl gefüttert, die Oberfläche des Käses mit Hefepilzen geimpft und die entstandene Rinde schließlich wieder und wieder mit Marc de Bourgogne, einem Schnaps, der ähnlich dem Grappa aus Traubenrückständen gebrannt wird, gewaschen. Époisse duftet natürlich pikant, auf diese schrecklich-schöne, sehr unanständige Weise, die nur Weichkäse beherrschen. Und dieser Geschmack erst! Was das Feuer eines Diamanten fürs Auge ist, ist dieser Käse in meinem Mund. Ich höre dabei alle Himmelsglocken läuten, auch wenn ich gar nicht daran glaube, dass es Himmelsglocken gibt.
Noch Fragen? Ich nicht. Süße, rote, milde Zwiebeln nehmen, entweder aus Tropea oder frankophil-solidarisch ein paar zart rosafarbene Roscoff. Ein wenig Butter in der Pfanne schmelzen lassen, darin die kleingehackten Zwiebeln glasig werden lassen. Mit Weißweinessig ablöschen und milden Honig dazugeben, am besten Akazie, und alles miteinander geduldig auf niedrigster Flamme schmoren, schmelzen und karamellisieren lassen.
Brot mit Époisses bestreichen, karamellisierte Zwiebeln darüber, nur kurz unter den Sandwichgrill oder auch nicht, eine getoastete Brotscheibe ohne Deckel macht es auch, – und dann erstmal nicht mehr sprechen, sondern essen und den guten Trip genießen.