Fettuccine Alfredo

Fettuccine Alfredo

Eine Pasta wie Seidenpapier. Die Fettuccine Alfredo gehören zu den größten Klassikern der italienischen Küche. Und zu den am häufigsten falsch zubereiteten.

Von Juri Gottschall

In Rom isst man gerne Pasta mit Käse. Ein Beispiel dafür sind die aus Hartweizengrieß geformten Bucatini, die zusammen mit Pecorino Romano und schwarzem Pfeffer die klassische Pasta Cacio e Pepe, so etwas wie das römische Nationalgericht bilden. Aber auch Varianten davon haben es zu Berühmtheit gebracht. Zum Beispiel die Rigatoni aus dem kleinen, sehr empfehlenswerte Delikatessengeschäft Roscioli, das sowas wie den Archtetyp aller italienischen Alimentari mit kleiner Küche darstellt. Hier werden die Rigatoni mit Butter und drei unterschiedlich lang gereiften Parmesansorten unterschiedlicher Rinderrassen zubereitet und regelmäßig zu den besten Pastagerichten der italienischen Hauptstadt gezählt.

 

Radikales Weglassen

 

Besonders an einem Gericht aber kommt niemand vorbei, der Rom, Käse und Nudeln zu seinen Interessen zählt: An den legendären, berühmten Fettuccine Alfredo. Die hauchdünnen Eiernudeln werden mit feinst geriebenem Parmigiano Reggiano und reichlich Butter serviert und gehören weltweit zu den großen Klassikern der italienischen Küche. Und leider: zu den am häufigsten falsch zubereiteten. Denn das Geheimnis der Fettuccine Alfredo ist ein perfektes Beispiel für das, was die italienische Küche auszeichnet und was vielen außerhalb Italiens immer noch nicht ganz geheuer ist: Das radikale Weglassen von Zutaten und die handwerkliche Präzision. Anders ist nicht zu erklären, dass immer noch Menschen Spaghetti alla Carbonara mit Sahne zubereiten oder Knoblauch in die Pasta all’amatriciana mischen.

Wie um alle Klassiker rankt sich auch um die Fettuccine Alfredo eine Legende. Hier lautet sie so: Alfredo di Lelio, Sohn der Wirtin einer kleinen römischen Trattoria, suchte vor über 100 Jahren nach einem einfachen, stärkenden Gericht für seine Frau, die nach der Geburt ihres ersten Kindes nicht mehr auf die Beine kam. Also mischte er frische Eierpasta mit viel Butter und Parmesan. Die junge Mutter wurde gesund, die Legende war geboren. Seither pilgern Einheimische und Touristen aus aller Welt entweder ins Ristorante Alfredo alla Scrofa oder ins Il vero Alfredo ein paar Straßen weiter, das der berühmte Erfinder der legendären Pasta einige Jahre später eröffnete.

 

Pasta Alfredo hat die Konsistenz von Seidenpapier

 

Die Zubereitung der Fettuccine Alfredo ist nicht kompliziert, man muss nur ein paar Dinge beachten. Aus fein gesiebtem Weizenmehl (Tipo 00 bzw. 405) und wenig Grieß wird aus einem ganzen Ei und Eigelb zunächst ein weicher, homogener Pastateig geknetet. Während der Teig abgedeckt im Kühlschrank ruht (in kühlen Küchen darf er natürlich auch außerhalb der Kühlung bleiben), Parmigiano Reggiano fein reiben. Viel davon. Empfehlenswert ist ein 24 Monate gereifter Käse aus guter Herkunft.

Wer also Zugang zu einem seriösen Feinkosthändler hat und dort einen Käse von zum Beispiel den legendären Rassen Vacche rosse oder Bianca Modenese findet, sollte zugreifen. Der Käse muss ausnahmslos sehr fein gerieben werden. Im Alfredo wird er nach dem Reiben sogar noch einmal durch ein feines Sieb gegeben, damit er später auch wirklich sofort schmilzt. Übrigens: Zu alt und gereift sollte der verwendete Käse hier ausnahmsweise nicht sein. Sonst schmilzt er nicht mehr schnell genug.

Dann den Pastateig ausrollen. Auch hier gilt: So fein und zart wie möglich sollten die ca. 10 Zentimeter breiten Teigbahnen werden. Pasta Alfredo hat die Konsistenz von Seidenpapier und genau das ist auch ihr entscheidender Charakter, der sie von vielen ordinären Tagliatelle unterscheidet. Wer eine Maschine benutzt, sollte die dünnste Stufe wählen und zusätzlich nochmal mit dem Nudelholz nacharbeiten. Man glaubt gar nicht, wie dünn man Pastateig ausrollen kann, wenn man es immer wieder und wieder probiert. Dann knapp einen Zentimeter breite und gut 30 Zentimeter lange Nudeln herunterschneiden.

 

Ein eigenes Berufsbild

 

Gesalzenes Wasser zum Kochen bringen und eine vorgewärmte, große, breite Schale bereitstellen. In der Schale kleine Häufchen weicher Butter verteilen. 

Nun wird die Pasta wenige Sekunden gekocht (eine halbe Minute ist ein guter Richtwert). Der dann folgende Prozess ist so wichtig, dass dafür im Ristorante Alfredo ein extra Berufsbild geschaffen wurde. Der Maestro Mantecatore ist für die perfekte Union von Pasta, Käse und Butter zuständig.

Die Fettuccine portionsweise tropfnass aus dem Topf heben und auf dem Teller mit der Butter verteilen. Sofort anfangen mit Gabel und Löffel in regelmäßigen Bewegungen ein Gemisch aus Butter, Wasser und Pasta herzustellen. Das stärkehaltige Kochwasser verbindet sich mit der weichen Butter zu einer trüben Emulsion, die sich um die Nudeln legt. Dann Stück für Stück kleine Mengen des fein gesiebten Käses darüber geben und unterheben. Es sollte eine gleichmäßige, kontinuierliche Bewegung ohne Pausen stattfinden, während der die Pasta nach und nach die gesamte Menge von Butter und Käse aufnimmt. Nicht aufgeben, wenn es ein bisschen länger dauert. Der Vorgang ist erst beendet, wenn sich eine dickflüssige, dichte Creme um jeder einzelnen Nudel findet. Die Konsistenz wird durch die Zugabe von entweder Pastawasser, Butter oder Parmesan noch optimiert und angepasst. Kein Pfeffer, keine Kräuter, kein Salz hinzugeben. Die Pasta sofort servieren.

 

Dieser Text ist auch in Merum erschienen, dem Italien-Magazin für Wein, Olivenöl, Reisen und Speisen, mit dem wir regelmäßig zusammenarbeiten.