Fichtenspitzen

Fichtenspitzen

Der ideale Anlass für einen sofortigen Waldspaziergang: die nur wenige Tage währende Fichtenspitzen-Saison.

Von Juri Gottschall

Wer gerne im Wald spazieren geht, Beziehungen zu Pfadfindern oder anderen naturnahen Gruppen pflegt oder im Frühling schon einmal in italienischen Spitzenrestaurants speisen war, kennt die jungen Triebe der Fichte als Delikatesse. Ihre Spitzen wachsen im April und Mai hellgrün in jedem Wald. Wie so viele Spezialitäten gibt es sie nur für sehr kurze Zeit. Waren sie vor zwei Wochen noch nicht mal zu erahnen, sind sie nächste Woche vielleicht schon wieder verschwunden. Nur wenige Tage lang haben sie die perfekte Konsistenz. Zart, fest und hellgrün müssen sie sein.

Auch die Spitzen von Tannen lassen sich übrigens verzehren. Einzig mit der giftigen Eibe sollte man das ausgewählte Gewächs nicht verwechseln. Und egal ob Tanne oder Fichte, ihre zarten Spitzen konzentrieren das ganze Aroma des Waldes. Sie schmecken nach Sauerklee, Harz, feuchtem Boden und Bäumen. Und sind äußerst vielfältig einsetzbar. Roh im Salat zum Beispiel oder als geschmacksgebende Zutat in Akazienhonig (dafür einfach ein paar Spitzen einige Wochen lang in Honig ziehen lassen). Auch Schnaps lässt sich selbstverständlich daraus brennen. In Italien, insbesondere in den waldigen Gegenden Südtirols oder dem Friaul, macht man gerne Eis daraus. Oder einen Sirup, den man wiederum zum Eis essen kann.

 

Fichtenspitzen

 

So habe ich es in diesem Jahr auch gemacht. Die Vorgehensweise ist denkbar einfach und völlig unkompliziert.

So geht’s: Die gesammelten Spitzen (ich habe in einer guten halben Stunde und bei sehr entspannter Sammelgeschwindigkeit ca. 300 Gramm zusammenbekommen) spüle ich zunächst gut ab und entferne braune Stellen und Blätter. Auch eventuelle insektenhafte Waldbewohner sollten in diesem Schritt verbannt werden. Natürlich ist es essenziell wichtig, von einem Baum wirklich nur wenige, einzelne Spitzen zu zupfen um das biologische Gleichgewicht des Waldes nicht durcheinander zu bringen. Das massenhafte Ernten von Fichtenspitzen ist weder erlaubt noch gut für den Wald, im besten Fall beschränkt man sich also auf den eigenen Garten.

Dann koche ich die Fichtenspitzen in einem Liter Wasser kurz auf. Sie verlieren dabei ihre schöne grüne Farbe und das Wasser wird leicht trüb. Bei diesem Prozess werden die geschmacksgebenden Inhaltsstoffe gelöst. Den Topf lasse ich nun zugedeckt über Nacht stehen und abkühlen.

 

Der Sirup aus Fichtenspitzen färbt sich rotbraun

 

Am nächsten Tag gieße ich die Flüssigkeit mit den Fichtenspitzen durch ein feines Sieb ab und koche sie zusammen mit einem Kilo Zucker und dem Saft einer halben Zitrone auf (nicht zu viel Zitrone verwenden, ihre Säure überdeckt sonst den feinen Geschmack der Spitzen). Ich habe normalen, weißen Haushaltszucker benutzt und einen Teil durch Demarara-Rohrzucker ersetzt. Sobald der Zucker unter Rühren geschmolzen ist, lasse ich alles auf kleiner Flamme etwas einkochen. Dabei färbt sich die Flüssigkeit nach einiger Zeit rotbraun und wird langsam dicker.

Es empfiehlt sich, ein wenig des kochenden Sirups abzuschöpfen und abkühlen zu lassen um die richtige Konsistenz zu bestimmen. Ist sie zu dick, kann Wasser dazugegeben werden. Ist sie zu dünn, muss der Sirup noch weiter kochen. Achtung: Die Flüssigkeit wird nach dem endgültigen Abkühlen noch ein wenig dicker.

Zum Schluss schöpfe ich mit einem Löffel den groben Schaum von der Oberfläche. Dann gebe ich alles durch ein feines Tuch um  die übrigen Schaumreste und eventuelle Schwebeteilchen herauszufiltern. Den Sirup gieße ich dann heiß in sterilisierte Gläser.

 

Fichtenspitzen

 

Er eignet sich hervorragend zu Eis, Joghurt oder einer Ricottacreme. Auch als süßende Zutat in einer Vinaigrette gibt er ein interessantes Aroma. Kocht man ihn noch länger ein, sodass ein Gelee daraus wird, kann man sicher auch eine Crostata damit backen oder ihn aufs Brot zum Frühstück essen. Fichtenspitzen haben ein unvergleichliches Aroma und es lohnt sich damit zu kochen. Außerdem ist es ein schöner Prozess einfach mal das zu verzehren, was vor der Tür wächst, nichts kostet und saisonal verfügbar ist.

Wer uns bei Instagram folgt, kann das Fichtenspitzen-Einkochen sogar in den neuesten unserer gespeicherten Küchen-Highlights in kurzen Videos nachverfolgen.

 

Ungefährer Zutaten-Richtwert für ca. 700 ml Sirup

1 l Wasser, 800 g Zucker, 200 g Demarara-Rohrzucker, ca. 300 g Fichtenspitzen, Saft einer halben Zitrone

 

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