Zucchiniblüten

Frittierte Zucchiniblüten

Wieso essen die Menschen in der südlichen Sommerhitze so gerne heiß und fettig? Eine Feldforschung am Beispiel frittierter Zucchiniblüten.

Von Mercedes Lauenstein

Eine Frage, die dringend kulturwissenschaftlicher Untersuchung bedarf, lautet: Warum wird ausgerechnet in heißen Ländern soviel frittiert? Es ist eigentlich egal, welches Land der Welt man dabei als Beispiel heranzieht. Ob Italien, Spanien, Griechenland, die Südstaaten der USA oder gleich Südamerika: je südlicher, desto frittierfreudiger. In besagten Südstaaten der USA schmeißen sie sogar den Truthahn plötzlich nicht mehr in den Ofen, sondern in die Fritteuse. In Italien wird zwischen Rom und Palermo jedes noch so klassische Nudel-, Risotto-, Gemüse- oder Pizzagericht konsequent auch in frittierter Form angeboten. Und selbst in Deutschland isst man im Freibad bei 39° am liebsten Pommes.

 

Ob Italien, Griechenland, die Südstaaten der USA oder gleich Südamerika: je südlicher, desto frittierfreudiger

 

Wie verhält sich das zu der populären Aussage vieler Menschen, im Sommer nur wenig, am liebsten leichte und kühle Gerichte zu sich nehmen zu können? Und wie zu der Tatsache, dass sonst nur Bergküchen und Länder mit extrem kalten Wintern für ihre deftigen, heißen und fettigen Spezialitäten berühmt sind?

Bisher habe ich keine Antwort darauf finden können. Deshalb gibt es jetzt einen Selbstversuch. Die Bedingungen sind ideal: Es herrschen 40 Grad, in der Küche steht ein Ventilator, draußen wartet eine italienische Steintreppe, die ich als Terrasse missbrauchen kann und im Kühlschrank liegen frische Zucchiniblüten wie wunderschöne Miniatur-Sommerkleider. Und ich brauche einen Snack, denn ich war schwimmen.

 

Frittierte Zucchiniblüten sind ein Klassiker der italienischen Küche

 

Frittierte Zucchiniblüten sind ein Klassiker der italienischen Küche. Man kann sie vor der Panade auch noch mit einer Ricotta-Parmigiano-Reggiano-Creme füllen. Aber heute gibt es sie pur, in einer einfachen Panade aus Mehl, Wasser, Parmigiano Reggiano, etwas Zitronenabrieb, Pfeffer und Salz.

Zucchiniblüten vorsichtig waschen, mit einem sauberen Handtuch gründlich trocken tupfen oder an der Luft trocknen lassen. Damit die Panade gut hält und das heiße Öl später kein Feuer spuckt, sollte wirklich kein Wasser mehr an ihnen haften.

In einer Schale Wasser, gut durchgesiebtes Mehl (damit nichts klumpt), fein geriebenen Parmigiano Reggiano, Pfeffer und Salz gut mit dem Schneebesen miteinander verrühren, bis eine sämige, homogene Masse von Pfannkuchenteig-Konsistenz entstanden ist.

 

Zucchiniblüten

 

Kein Mensch auf der Welt braucht eine Fritteuse, wenn er einen Herd und einen Topf besitzt

 

Über den Vorgang des Frittierens kann man viel sagen, wir beschränken uns gerne auf folgende Erkenntnis: Kein Mensch auf der Welt braucht eine Fritteuse, wenn er einen Herd und einen Topf besitzt (was bei jedem regelmäßig kochenden Menschen der Fall sein sollte). Ebensowenig braucht die Menschheit schlechtes, billiges Fett, das schnell ranzig wird und den Körper nach dem Essen tagelang belastet. Wer hat eigentlich jemals damit angefangen zum Frittieren schlechtes Öl zu benutzen? Und vor allem: warum? Auch Frittiertes wird gegessen. Klar, es ist eine Kostenfrage. Wie immer. Wenn man aber einen Topf mit halbwegs kleinem Durchmesser und nicht das allerteuerste (aber trotzdem gutes) Olivenöl benutzt, relativiert sich das schnell. Dass fürs Frittieren schlechtes Fett grad gut genug ist, ist genau so ein Irrglaube wie der, dass man zum Kochen am besten den miesesten, möglicherweise schon gekippten Weißwein benutzen sollte.

 

Finger weg vom Frittierfett

 

Also: Finger weg vom Frittierfett und lieber mal einen Kanister günstiges natives Olivenöl kaufen, das man für solche Zwecke benutzen kann. Das verliert zwar schnell an Geschmack, ist aber immer noch um Längen besser als jede Fettmischung aus dem Supermarkt. Der Körper wird es einem danken und außerdem stinkt die Wohnung danach nicht tagelang wie eine alte Pommesbude.

 

Zwischen 140 und 170 Grad ist die Öl-Temperatur ideal, aber ein Thermometer braucht es trotzdem nicht. Zum Test einfach einen Tropfen Teig hineingleiten lassen

 

Weiter im Text: Öl vorsichtig erhitzen. Es sollte nicht rauchen, aber heiß genug sein, dass sich beim Frittieren schnell eine goldene Kruste bildet – bevor sich das Gemüse unter der Panade mit Fett vollsaugen kann. Zwischen 140 und 170 Grad ist die Temperatur ideal, aber ein Thermometer braucht es trotzdem nicht. Zum Test einfach einen Tropfen Teig hineingleiten lassen.

Jetzt Zucchiniblüte Stück für Stück durch den Teig  ziehen, bis sie von allen Seiten davon ummantelt sind, sofort ins heiße Fett gleiten lassen und goldbraun backen. Chargenweise so fortfahren. Die fertigen herausnehmen und auf bereitgelegtem Küchenpapier abtropfen lassen.

 

Bei frittierten Zucchiniblüten gilt: Das Essen wartet nicht auf den Menschen, sondern der Mensch auf das Essen

 

Bei frittierten Zucchiniblüten gilt übrigens, was bei fast allen Gerichten außer vielleicht der Parmigiana gilt: Das Essen wartet nicht auf den Menschen, sondern der Mensch auf das Essen. Am besten schmecken sie sofort, bzw. so bald man sie problemlos mit der Hand anfassen kann. Die Panade muss noch warm und vor allem knusprig sein, das Innere seidig weich und saftig. Noch besser wird es nur, wenn vor dem Reinbeißen etwas frischer Zitronensaft darüber geträufelt wird.

Testergebnis: Unerklärliches, aber volles Einverständnis, dass Frittiertes auch oder gerade bei 40 Grad funktioniert. Wahrscheinlich liegt das Geheimnis einfach darin, dass ein in gutem Öl bei richtiger Temperatur frittiertes Gericht nicht viel mehr ist, als ein knusprig-würziges Wölkchen Wohlgenuss. Und damit doch wieder zur Aussage „Für mich in der Hitze heute nur was Leichtes“ passt.