Hartweizenpasta

Hartweizenpasta selbst machen

Für die Herstellung vieler klassischer Hartweizenpasta-Formen braucht man weder eigene Matrizen aus Bronze noch eine eigene Ausbildung zum Thema. Es reicht voll und ganz, sich in der Lektüre dieser Handreichung zu versenken.

Von Mercedes Lauenstein und Juri Gottschall

Ein beträchtlicher Teil des kulinarischen Erbes Italiens besteht aus gerade einmal zwei Zutaten: Hartweizengrieß und Wasser. Aus diesen beiden Komponenten wird der Nudelteig geknetet, und daraus wiederum lassen sich unzählige Varianten formen. Doch das Segment Hartweizenpasta überlassen selbst ambitionierte Hobbyköche oft professionellen Produzenten. Warum eigentlich?

Wer an frische hausgemachte Pasta denkt, hat eigentlich immer Eierpasta vor Augen. Entweder in Form gefüllter Sorten, wie etwa der Ravioli, oder in Form frischer Bandnudeln, wie der Tagliatelle. Hartweizenpasta aber – herkömmlicherweise Spaghetti, Fusilli, Penne und ihre diversen Subformen – kauft man routiniert im Laden. Als nähme man an, ihre Herstellung a casa sei eine Herausforderung, die man dem eigenen Nervenkostüm zuliebe besser einem ausgebildeten Produzenten überlässt.

Dabei ist die heimische Herstellung von Hartweizenpasta in Wahrheit noch unkomplizierter als die Herstellung von frischer Eierpasta. Der Teig besteht ja nur aus Hartweizengrieß und Wasser. Freilich: Ohne Bronzeform-Pastamaschine kann keiner aus einem selbstgemachten Hartweizenteig mal eben derart akkurate Formen wie Spaghettini, Fusilli oder Penne rigate formen. Aber wer sagt denn, dass Hartweizenpasta immer in diesen Formen auftreten muss? Das Terrain der Hartweizenpasta ist auch ohne ihre Bronzeformvarianten dicht und vielfältig besiedelt. Für seine ausgiebige Erkundung ist es allerhöchste Zeit. Denn frische hausgemachte Hartweizenpasta unterscheidet sich deutlich von ihrem getrockneten Pendant. Ihre Konsistenz ist um ein Vielfaches elastischer und bietet einen ganz anderen Biss. Ausprobieren lohnt sich.

 

Den Urheber des Konzepts Hartweizenpasta gibt es nicht

 

Es wird ja gern darüber debattiert, auf welchem Fleckchen Erde man zuerst darauf kam, überhaupt aus Mehl und Wasser Pasta zu machen. Man darf dabei annehmen, dass es so etwas wie den Urheber des Konzepts Nudel nicht gibt. Möglicherweise waren es viele, und möglicherweise kamen sie zeitgleich und unabhängig voneinander auf diese zugegebenermaßen einfache, aber nicht weniger geniale Idee. Was das Konzept der explizit aus Hartweizen hergestellten Pasta angeht, geht man mittlerweile davon aus, dass nordafrikanische Nomaden sie über Sizilien nach Italien brachten, wo sie sich in Neapel etablierte. Denn genau wie in Süditalien eigneten sich die Hitze und die trockenen Böden Nordafrikas zum einen sehr gut für den Hartweizenanbau. Zum anderen war getrocknete Hartweizenpasta ideal als Lebensmittelvorrat der Nomaden auf ihren Reisen durch die Wüste.

Bis heute jedenfalls gilt die Gegend um Neapel, insbesondere der Vorort Gragnano, als Geburtsstätte der italienischen Hartweizenpasta. Und weil im Süden des Landes Fleisch, Eier und Milch lange Jahre zu den Luxusgütern zählten, besann man sich auch bei der Paarung auf lokale Ressourcen: Olivenöl, Gemüse, Fisch. Ein gutes Beispiel für das perfekte Zusammenspiel dieser Komponenten ist das berühmte apulische Gericht Orecchiette alla cima di rapa: kleine öhrchenförmige Pasta mit Stängelkohl, Knoblauch, Peperoncino, Sardellen und Olivenöl.

 
Hartweizenpasta
 

Doch auch in anderen Küstenregionen wie zum Beispiel dem nördlicher gelegenen Ligurien und sogar bis in die Toskana hat sich mit den Jahren mancherorts eine ausgeprägte Hartweizenpasta-Tradition entwickelt und höchst interessante Formen und Sugo-Paarungen hervorgebracht: etwa die kurzen ligurischen Trofie al pesto genovese mit jungen Bohnen, Kartoffeln und frischem Basilikum- Pesto. Oder die langen, dicken toskanischen Pici all’aglione in herzhaftem Tomatensugo mit südtoskanischem Riesenknoblauch. Für all diese Nudelformen braucht man nicht mehr als zwei Hände, etwas Geduld, Fingerfertigkeit, Wasser, Hartweizengrieß und einen Gegenstand, der als Nudelholz herhält.

 

Das Grundrezept

 

Welcher Hartweizengrieß ist nun der richtige für unseren Teig? Man kann hier glücklicherweise gar nicht viel falsch machen. Man nehme klassischen Hartweizengrieß, auch genannt semola di grano duro. Oder den etwas feineren Hartweizendunst, auch genannt semolina di grano duro rimacinata. Der eine bietet etwas mehr, der andere etwas weniger Biss, zwischen den beiden Varianten liegen aber keine Welten.

Für einen Teig für zwei Personen sollten auf gut 250 Gramm Hartweizengrieß etwa 125 Gramm Wasser kommen. Grundsätzlich gilt aber die Regel: Man mische und knete Grieß und Wasser so lange, bis der Teig eine angenehm weiche, mäßig elastische und gerade so trockene Konsistenz hat, dass er nicht mehr an den Fingern kleben bleibt.

Den Grieß auf der Arbeitsfläche zu einem kleinen Haufen formen und eine Mulde in die Mitte drücken. Das Wasser in die Mulde gießen. Jetzt mit einer Gabel in kleinen Kreisen immer mehr Grieß und Wasser verschlagen, bis alles Wasser vom Mehl aufgenommen ist. Der Teig erscheint jetzt noch etwas bröckelig, aber keine Scheu: einfach hineingreifen und alles resolut und geduldig zu einer Kugel kneten. So ein Teig ohne Ei und nur mit Wasser verhält sich gern etwas störrischer. Er wird selbst von den kräftigsten Händen geknetet nicht ganz so elastisch wie ein Eiernudelteig.

Nun ist er bereit, um ausgerollt beziehungsweise je nach Rezept weiterverarbeitet zu werden.

Zutaten für zwei Personen

250 g Hartweizengrieß (Semola oder Semolina), 125 g Wasser

 
Dieser Text ist auch in Merum erschienen, dem Italien-Magazin für Wein, Olivenöl, Reisen und Speisen, mit dem wir regelmäßig zusammenarbeiten.