Italienische Bücher

Italienische (Koch-)Bücher Teil III

Noch mehr italienische Kochbücher – e non solo. Auch Literaturtipps gibt es dieses Mal, mit dabei Natalia Ginzburg, Jhumpa Lahiri und David Gilmour.

Von Mercedes Lauenstein

In der Splendido-Küche wird nicht nur mit den besten Zutaten gekocht, sondern auch mit einem sehr ausgewählten Repertoire an Küchengeräten, das sich über die Jahre in unserer Küche bewährt hat. Weil uns immer wieder Menschen nach diesem Repertoire fragen, teilen wir es nun in dieser Serie mit unseren Lesern. 

Genauso wie bei den Lebensmitteln, die wir in der Küche verwenden, gilt auch für unsere Küchengeräte und Kochbücher: Alle Empfehlungen sprechen wir aus tiefster Überzeugung und echtem Interesse aus. Wir werden nicht von den Herstellern bezahlt und haben alle hier gezeigten Gegenstände von unserem eigenen Geld gekauft.

Endlich, noch mehr Bücher mit Italienhintergrund. Heute überschreiten wir das Genre Kochbuch ein wenig und berichten aus unserem erweiterten Bücherschrank, denn wir kennen unsere Leser und wissen: Die lesen, wie wir, nicht nur über italienisches Essen gern, sondern mögen beinah alles, was diesem Land entspringt. Und falls wir damit Unrecht hätten, dann bleiben dies immer noch sehr gute Tipps für andere Italophile, denn für die braucht man hin und wieder ein Geschenk.

Viel Spaß also mit einer neuen Folge Italienische (Koch-)Bücher, ausgesucht von Splendido.

Gennaro Contaldo: Limoni

Gennaro Limoni

Gennaro Contaldo, einer der berühmtesten Protagonisten der medialen Vermittlung italienischer Küche. Wer hätte diesen Mann nicht gern in der Verwandtschaft? Gut also, dass man jederzeit auf YouTube und qua Buchform so tun kann, als ob. Einfach drei Gennaro-Videos angucken, schon dringt Licht ins wolkenverhangene Gemüt. Aber kommen wir zu seinem Buch „Limoni„. Es geht, Überraschung, um Zitronen und was man damit alles machen kann. Gennaro selbst zum Beispiel trinkt nicht einmal seinen morgendlichen Espresso ohne Zitronenschale. Er hat immer eine Zitrone dabei, überall. Für Gennaro Contaldo ist die Zitrone in etwa das, was Windex für den Vater der Braut in My Big Fat Greek Wedding ist. Gut so, die Zitrone hat es verdient. Warum nur lieben wir dieses Buch so sehr? Die ultraschmonzettige Aufmachung inklusive zahlreicher Gennaro-Portraits und klischeehafter Stilleben kann es nicht sein. Aber die Rezepte sind gut. Originell und klassisch zugleich. Außerdem: 190 Seiten Zitronenlaune, das macht schon etwas mit einem.

Pellegrino Artusi: La Scienza in Cucina e L’Arte di Mangiar Bene

Pellegrino Artusi

Andere lesen die Bibel, wir lesen Pellegrino Artusi. Ihm ist es zu verdanken, dass man heute überhaupt von einer italienischen Küche sprechen kann. 1891, drei Jahrzehnte nach dem Risorgimento versammelte er mit seinem großen Kochbuch die wichtigsten Rezepte der unzähligen Regionalküchen des vereinten Landes zwischen zwei Buchdeckeln. Und schuf damit ein unverzichtbares Dokument des italienischen kulinarischen Kulturerbes. Bis heute wird sein Werk in Italien gut verkauft.

Wir lesen auch deshalb so gern darin, weil es, wie Splendido, in vielen Fällen völlig ohne Mengenangaben auskommt, immer wieder auf die Bedeutung bester Grundzutaten hinweist und das Prinzip „Weniger ist mehr“ preist. Unsere Ausgabe ist eine italienische aus dem Verlagshaus Giunti und eine Art neugebundene Fotokopie des Originals, was dem Ganzen die enorm verstaubte Anmutung einschläfernder Arbeitsblätter aus dem Geschichtsunterricht verleiht. Doch wem die italienische Ausgabe ohnehin zu anspruchsvoll ist, der kann sich die im Dezember 2022 im Christian Verlag erscheinende deutsche Neuausgabe des Klassikers besorgen. Hier gibt es sie auch noch ein etwas zeitgemäßerer Aufmachung mit einem Vorwort von Massimo Bottura.

Außerdem ein kleiner Reisetipp: 2021 waren wir im Sommer in Pellegrino Artusis Geburtsort Forlìmpopoli und haben das dort ansässige gastronomische Zentrum für italienische Hausmannskost Casa Artusi besucht. Ein sehr lebendiges und modern gestaltetes Museum, in dem sich nicht nur die größte Kochbuchsammlung Italiens, sondern auch kleiner Shop mit einer beeindruckenden Auswahl nischiger Publikationen zur italienischen Küche und anderer charmanter Produkte findet. Im angeschlossenen Restaurant isst man, wie könnte es anders sein, exzellent und natürlich wird vor allem nach Artusis Originalrezepten gekocht.

Eric Pfeil: Azzurro

Eric Pfeil Azzurro

Die große SPLENDIDO-Playlist versammelt unsere persönliche Top-100 italienischer Songs. Viele davon, von Patti Pravos „Bambola“ über Giorgio Gabers „Io non mi sento italiano“ oder Nadas „Senza un perché“, spielen auch eine Rolle in Eric Pfeils enorm lesenswertem Buch „Azzurro – Mit 100 Songs durch Italien„. Der TV-Autor und Musikjournalist weiß soviel über italienische Popmusik, dass er vermutlich an jeder italienischen Musikuniversität die Ehrendoktorwürde verliehen bekäme. Und noch dazu schreibt er sein Wissen so eloquent, charmant und heiter auf, dass man das ganze Buch in nur wenigen Tagen durch hat. Man legt es beiseite und fühlt sich verändert. Weit gereist. Bewegt. Was war das? Eine Zeitreise durch Italiens Geschichte? Ein schöner Traum? Ein anderes Leben? Man war irgendwie dabei, mitten drin in den längst vergangenen persönlichen Schicksalen diverser italienischer Künstler, mitten in Italien, mitten in dem, was Musik kann: Zaubern.

Natalia Ginzburg: Familienlexikon

Ginzburg

Und nochmal abtauchen in ein Italien, das es nicht mehr gibt und doch irgendwie im Geiste fortbesteht: Mit Natalia Ginzburg. Die italienische Schriftstellerin zählt bis heute zu den lesenswertesten Autoren des Landes. Wer schreibt so dicht und intensiv, und doch so nüchtern und klar, so lustig, tragikkomisch, rührend, aber nie sentimental? Nur die eine, Natalia Ginzburg eben. Das Familienlexikon ist ihr berühmtestes Buch.

Es ist ein Buch, das man immer dabei haben sollte und jedem jederzeit vorlesen kann. Man muss nicht einmal von vorn beginnen, weil es sowieso keine wichtige Dramaturgie gibt, außer eben der eines brillant erzählten Lebens mitten in Italien. Man ist hier einfach dabei, wie jemand seine Familie beobachtet, und alle, die in dieser Familie ein und ausgehen. In diesem Leben gibt es Ärger, Freude, Streit, Krieg, Gewalt, Liebe, Versöhnung, Träume, Enttäuschungen, Aufregung und Langeweile. Nichts wird idealisiert, nichts wird romantisiert, jeden Charakter machen vor allem die Widersprüche aus, die er in sich vereint. Jedes Mal, wenn man das Buch beiseite legt, denkt man: So ist das Leben. So ist meine Familie. So bin ich. So hässlich und so schön, so dumm und so schlau, so aufregend und so langweilig, so wahnsinnig und so brav, so heiter und so traurig, so gut und so böse, so lustig und so ernst, so glücklich und so tragisch.

Es wurde mit dem höchsten italienischen Literaturpreis Premio Strega ausgezeichnet und wer kann, sollte es unbedingt auf Italienisch lesen. Aber natürlich vermittelt auch die deutsche Ausgabe einen Eindruck ihres Schreibens.

Sollte man danach noch mehr wollen: Es gibt eigentlich nichts von Natalia Ginzburg, das nicht lesenswert ist. Die kleinen Tugenden versammelt kleinere Stücke, unter anderem einen wunderschönen Text über das Schreiben. Und ihr Buch Die Stimmen des Abends ist gerade in einer neuen Reclam-Ausgabe als Fremdsprachentext erschienen – für alle, die ihr im Original näher kommen wollen ohne perfekt Italienisch zu sprechen: Le voci della sera.

Jhumpa Lahiri: In Altre Parole

Jumpa Lahiri

Jhumpa Lahiri, eine US-amerikanische Schriftstellerin mit indischen Wurzeln hat sich in die italienische Sprache verliebt. So sehr, dass sie mit ihrer Familie für einige Jahre nach Rom zieht und beschließt, eine Weile lang nur noch auf Italienisch zu lesen, zu schreiben, zu leben. Mittlerweile ist Jhumpa Lahiri zurück in Amerika und ihre auf italienisch verfassten Bücher gibt es beinah überall und in vielen Sprachen zu kaufen. Dank ihrer Liebe zur italienischen Literatur gibt es auch eine sehr lesenswerte Sammlung italienischer Kurzgeschichten, die dank Lahiris Bemühungen zumindest für ein paar weitere Jahre dem allmählichen Vergessen entrissen wurden.

Eines der besten und charmantesten ihrer auf italienisch verfassten Bücher aber ist ein ganz einfaches: Das erste, das sie in italienischer Sprache schrieb und das genau davon handelt. Von ihren ersten Bewegungen in dieser Sprache. Der Titel lautet: In Altre Parole. In anderen Worten. Es gibt wohl kein Buch, das sich für Italienischlernende besser eignet, als dieses. Die Sprache ist einfach, und das Thema sowieso ideal für jeden, der Italienisch liebt.

David Gilmour: Auf der Suche nach Italien

David Gilmour Italien

Achtung, krass: Dieses durchaus lustige, aber enorm informationsdichte Buch ist eigentlich ein Studium. Ein Studium in italienischer Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart. Aber es ist so gut und anrührend erzählt, dass man gar nicht merkt, im Geschichtsunterricht zu sitzen. Man reist mit David Gilmour durch die Jahrhunderte des Territoriums, das man heute Italien nennt, und erlebt einen Moment der Erkenntnis nach dem anderen. Man versteht Seite um Seite ein bisschen mehr über das Rätsel Italien, ach was, über das Rätsel Menschheit, wenn auch natürlich längst nicht alles. 35 Jahre lang ist David Gilmour durch das Land gereist und hat dort zahlreiche Freunde, Familien, Fremde, Bibliotheken und Museen besucht und ihre Geschichten erfahren. Es geht um Geographie, um Dialekte, um Politik und um die Küche, um kulturellen Austausch und lokalen Eigensinn, Identität und Diversität. Gehört in jede italophile Bibliothek.

Hier geht es zu Teil I und Teil II unserer Kochbuchempfehlungen.

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