Kartoffelpüree

Kartoffelpüree

Alles, was man über die Möglichkeiten der zerdrückten Kartoffel wissen muss

Von Mercedes Lauenstein

Kartoffelpüree ist ein Genre für sich. Im kulinarischen Gedächtnis der meisten als eine der ersten und befriedigendsten Esserfahrungen überhaupt verzeichnet, hält allein in Deutschland jede Region ihre eigene Bezeichnung für die zerdrückten und mit Butter und Milch angereicherten Kartoffeln vor. Kartoffelmus, -stampf, -brei, -püree, -stock oder -stopfer sind dabei nur die hochdeutschen Begriffe. Die Varianten der Zubereitung sind so vielfältig, wie es Regionalküchen gibt.

 

Eine der ersten und befriedigendsten kulinarischen Erfahrungen überhaupt

 

In Italien bekommt man kaum ein Kartoffelpüree serviert, das ohne den großzügigen Einsatz von Butter und Parmigiano Reggiano auskommt. Hin und wieder nimmt das Verhältnis von Kartoffeln und Butter dabei Ausmaße an, angesichts derer man nicht genau weiß, ob man vorsorglich schon mal den Arzt anrufen sollte, nämlich 50:50. Natürlich hat das einen Grund. Alles schmeckt besser mit Butter und zu viel Butter gibt es nicht. Und so lange man ein solches Kartoffelpüree in gemäßigter Portionsgröße zu sich nimmt, bleibt auch der Klinikbesuch aus. 

Ich mag den italienischen Kartoffelbrei aber auch deshalb so gern, weil der Parmigiano Reggiano darin für einen noch volleren Geschmack sorgt, ohne die Konsistenz des Pürees besonders zu verändern oder ausdrücklich nach Käse zu schmecken. Er wirkt subtil und doch entscheidend. Ein Geschmacksverstärker. 

 

Parmigiano Reggiano im Kartoffelpüree als Geschmacksverstärker

 

Worauf es bei einem guten Kartoffelpüree vor allem ankommt, sind Kartoffeln, die intensiv nach Kartoffel schmecken, also: Nussig, erdig und im Abgang beinahe bittersüß. Ob sie mehlig oder festkochend sind, ist dabei meiner Erfahrung nach nicht wahnsinnig erheblich und vor allem Geschmackssache. Mehlige Kartoffeln machen das Püree etwas luftiger, aber auch substanzloser. Mich stören die auf der Zunge oft deutlich zu spürenden wässrig-kristallinen Kartoffelpartikel der mehligen Sorten, ich bevorzuge deshalb vorwiegend festkochende und festkochende. Viel erheblicher aber ist, welche weitere Zutaten nun zu diesen Kartoffeln hinzukommen und in welchem Verhältnis.

Ob mehlig oder festkochend ist Geschmackssache

 

Die ungeschälten Kartoffeln, für zwei Personen rund 500 Gramm, in kaltem Wasser aufsetzen und so lange mit Deckel köcheln lassen, bis sie sich beim Einstechen durch und durch weich anfühlen. Nicht zu oft einstechen, sonst werden sie wässrig. Abgießen, etwas abkühlen lassen, pellen. Durch die Kartoffelpresse zurück in den Kochtopf drücken oder mit dem Kartoffelstampfer zu Kartoffelpüree stampfen. Absolut klümpchenfrei wird das Püree, wenn man die zerdrückten Kartoffeln anschließend noch einmal vorsichtig durch ein Sieb drückt. Niemals pürieren: die heftige Einwirkung des Pürierstabs zerstört die Stärkezellen der Kartoffel und verwandelt sie in einen zähen Kleister. 

Mit Salz und frisch geriebener Muskatnuss abschmecken. Ein Glas Milch in einem Topf erwärmen und kurz bevor sie zu kochen beginnt, vom Herd nehmen und unter ständigem Rühren mit dem Schneebesen nach und nach zur Kartoffelmasse geben. Je nach Butter-Waghalsigkeit irgendetwas zwischen 150 und 500 Gramm Butter schmelzen und ebenfalls unter die Kartoffeln rühren. Dann den frisch geriebenen Parmigiano Reggiano hinzufügen, Richtwert für die beschriebene Menge Kartoffeln: zwischen 20 und 40 Gramm. Scheint die Konsistenz jetzt noch nicht ideal, mit Milch und Butter nachjustieren.

 

Variabel je nach Gemütslage und Kühlschrankinhalt

 

Das Schöne an Kartoffelpüree ist, dass es je nach Gemütslage und Kühlschrankfüllung die perfekte Basis für Varianten bietet: an einsamen, kühlschrankleeren Tagen tröstet es direkt aus dem Topf. Zu Fisch oder Fleisch ist es eine ideale Begleitung. Und wer aus ihm ein Hauptgericht machen möchte, serviert es zum Beispiel mit scharf angebratenen frischen Pilzen oder karamellisierten Zwiebeln. Immer gut auf Kartoffelbrei macht sich auch ein wachsweich pochiertes Ei. Auf dem wiederum nichts besser aufgehoben ist, als hauchdünn gehobelte Trüffel.

 

Und am nächsten Tag: einen Gattò di patate aus den Resten machen

 

Auch gut: die Butter oder die Milch vor dem Einrühren in die zerdrückten Kartoffeln mit Knoblauch, Salbei oder Rosmarin aromatisieren. Man sollte außerdem immer zu viel Kartoffelpüree machen. Aus den Resten lässt sich nämlich am nächsten Tag ein Gattò di patate machen, so etwas wie eine Lasagne aus Kartoffelbrei, die wiederum nicht nur eines der einfachsten und schnellsten, sondern möglicherweise auch eines der tröstlichen Gerichte der Menschheitsgeschichte ist.