Feigen Focaccia

Panino mit frischen Feigen, Ricotta und Crudo

Kleine Liebeserklärung an die Feigensaison und ihre Möglichkeiten.

Von Mercedes Lauenstein

Keine Frucht pflücke ich so gern wie die Feige. Das Gefühl in den Fingerspitzen, wenn man die pralle, leicht nachgebende Frucht von ihrem Zweig löst und die zarte Haut dabei schon etwas einreißt. Ihr Gewicht, wenn man sie danach in der Hand wiegt. Der Duft, der einem dabei in die Nase strömt. Die leuchtenden Farben beim Aufbrechen und dann die überwältigende Süße, wenn die Zähne durch das butterweiche Fleisch gleiten und man den Rest mehr lutscht, als kaut.

Die Erntezeit von Feigen währt nicht lang und im Handel bekommt man sie nur selten in bester Qualität. Man kann sie kaum lagern und ist gezwungen, sie sofort zu verarbeiten. Perfekt reife Feigen rufen „Nimm mich jetzt und nimm mich ganz“, und wenn man es tut, verleibt man sich noch einmal die ganze dichte, tiefe Süße des vergehenden Sommers ein. Man merkt: Ich verehre Feigen wie andere Leute Heiligenfiguren.

 

Frische Feigen bergen die Wärme eines ganzen Sommers

 

In Italien wachsen so viele wilde Feigenbäume, dass man im September kaum einen Ausflug machen kann, ohne mindestens eine Hand voll frischer Feigen mitzubringen. Man kann sie blind suchen, der intensive Duft der sonnenwarmen Feigenblätter wird einen leiten. Er weht durch Büsche und über Gräser hinweg, schleicht sich entlang alter Gemäuer durch schattige Hinterhöfe und erfüllt die Seele zugleich mit höchstem Glück und tiefstem Schmerz: Was nur duftet so gut und jung und süß, um mir doch nur wieder genommen zu werden?

Doch ehe es einem genommen wird, kann man es sich glücklicherweise selbst nehmen. Und zwar mitsamt der Feigenblätter. Man kann sie benutzen, um Fisch darin einzuwickeln, oder frische, weiße Käsesorten. Und sie anschließend zu backen oder zu grillen.

 

In den duftenden Feigenblättern kann man Fisch oder Käse grillen

 

Die Feigen selbst passen ebenfalls hervorragend zu jungem Käse. Außerdem sind sie mit ihrer fleischigen, beinah fettigen Süße die perfekten Begleiter zu hauchdünn aufgeschnittenem, luftgetrockneten Schinken.

In vielen italienischen Städten klemmt man diese Zutaten im September deshalb gern in ein frisches Panino oder Pizza bianca. Ich kenne kein schöneres Picknick, mit dem man im Spätsommer auf einer warmen Brücke sitzen und zwei Gefühle zugleich stillen kann: Das nachmittägliche Hungergefühl und die Sehnsucht, sich würdig von einem langen Sommer zu verabschieden.

 

Ein Panino mit frischen Feigen als würdiger Abschied vom Sommer

 

Wir haben auf Splendido schon oft die herausragend gute Schafsricotta von Busti empfohlen, ersatzhalber leisten aber auch andere gute Frischkäseprodukte gute Dienste. Bloß auf die herkömmliche Supermarkt-Ricotta sollte man verzichten. Ein guter luftgetrockneter Schinken ist köstlich dazu, aber nicht essentiell. Wer kein Fleisch mag, kann ihn einfach weglassen.

Panino aufklappen, beide Hälften mit großzügig mit der guten Ricotta bestreichen, den Schinken darüber und anschließend die weichen, halbierten Feigen auf den Belag legen und sanft andrücken. Je nachdem, wie zart oder störrisch die Feigenhaut sich ausnimmt, kann man die Feigen vorher auch schälen. Etwas Olivenöl darüber träufeln, zuklappen, reinbeißen, meditieren.