Im August haben wir den mit 15 Gault-Millau Punkten ausgezeichneten Koch Johan Breedijk getroffen. Wir standen in seiner selbst entworfenen Küche des Restaurant Scala im Luzerner Art Deco Hotel Montana und sprachen über Nudeln.
Breedijk erzählte von seiner endlosen Liebe zur italienischen Nudel-Kultur. Als Beispiel für ihren Variantenreichtum nannte er das Gericht Pisarei e fasò. Sehr kleine Nudeln aus Semmelbröseln, Mehl, etwas Butter und Wasser aus der Region um Piacenza. Sie werden dort in einem würzig-wärmenden Tomatensugo mit Bohnen serviert. Sehr wärmend, sehr würzig, tolles Winteressen – und damit in der sengenden Hitze des Sommertags schnell vergessen.
Nudeln mit Semmelbröseln
Kurze Zeit später schon saßen wir mit Olivenöl-Fetischisten Silvan Brun (einigen vielleicht aus diesem Text bekannt) auf der Terrasse des Hotel Montana, blickten auf den glitzernden Vierwaldstättersee und kühlten uns den Magen mit einer von bestem spanischen Olivenöl übergossenen Kugel Vanilleeis (natürlich Silvans Idee) und dachten nicht mehr viel, außer so etwas wie „Ah, Sommer, heiß, Eis, Terrasse.“
Jetzt, da draußen überhaupt nichts mehr sengt und glitzert und nach Vanille-Eis auf Terrassen ruft, kommt allmählich die Erinnerung an das von Breedijk genannte Gericht namens Pisarei e fasò wieder. Es erinnert in seiner Einfachheit sehr an klassische Pasta e fagioli (die es ja auch zweifelsohne ist), bekommt aber durch die Nudeln mit Semmelbröseln mehr Würze, Biss und Raffinesse.
Semmelbrösel, Weizenmehl, zimmerweiche Butter, Wasser und eine Prise Salz auf der sauberen Arbeitsplatte oder idealerweise einem Nudelbrett verkneten. Bis ein kompakter, geschmeidiger Teig daraus geworden ist. Was Mengenangaben angeht, sei wie immer, grundsätzlich das Prinzip quanto basta empfohlen. Für vier Personen Pisarei e Fasò kann man von einem Richtwert von ca. 200 Gramm Semmelbröseln, 300 Gramm Weizenmehl, zwei Essöffeln weiche Butter, 400 ml Wasser und zwei, drei Prisen Salz ausgehen. Wer es noch semmelbröseliger will, dreht die Mengenangaben von Mehl und Semmelbröseln einfach um. Wer es fettarmer will, lässt die Butter einfach weg.
Kleine Schiffe, in denen sich der Sugo sammelt
Teig zerteilen und zu mehreren bleistiftdicken Teigsträngen rollen. Diese mit Folie abdecken, damit sie nicht austrocknen. Jetzt Strang für Strang in jeweils ein Zentimeter große Teigstückchen schneiden und mit dem Daumen zu Pisarei formen. Nach fünf bis zehn Stück hat man langsam im Gefühl, wie man sie am besten in ihre Idealform drückt. Wie winzige Tacos oder kleine Schiffe, siehe Foto, in denen sich später der Sugo sammelt.
Für besagten Sugo Zwiebeln in Olivenöl anschwitzen (wer es ganz klassisch möchte, gibt noch gewürfelten Lardo di Colonnata dazu) und ganz leicht Farbe annehmen lassen, dann mit Tomatenpassata ablöschen, großzügig einkochen lassen, mindestens eine gute halbe Stunde.
Kurz vor Schluss bereits gekochte Borlotti-Bohnen hinzufügen und noch fünf Minuten mitkochen lassen. Pisarei in leicht gesalzenem Wasser gar kochen, mit der Schaumkelle direkt aus dem Kochwasser heben und mit dem Sugo vereinen. Fertig sind die Pisarei e Fasò. Etwas Kochwasser dazu, damit sich alles noch sämiger verbindet. Parmigiano Reggiano drüber, gehackte Petersilie und noch etwas Olivenöl. Glas Cabarnet Sauvignon dazu und endlich nicht mehr frieren.
Es ist im DuMont-Verlag erschienen und wurde mit dem Deutschen Kochbuchpreis 2022 in Gold und Silber ausgezeichnet.