In der südlichsten Region des italienischen Festlandes befindet man sich nie weiter als 50 Kilometer vom Meer entfernt, möglicherweise braucht man trotzdem lange hin, Stichwort Schlaglöcher, marode Straßen, fehlende Beschilderung. Aber davon einmal abgesehen bietet das Land, das mehr Halbinsel als Festland ist, wilde Gebirgsklippen an einem türkisfarbenen Meer und eine von großer Armut geprägte Landküche, die sich in vieler Hinsicht von der nördlicher italienischer Regionen unterscheidet – nicht zuletzt aufgrund ihrer Geschichte. Kalabrien stand immer wieder unter dem Einfluss fremder Herrscher und war einst auch Teil des Magna Graecia, bis heute spricht man in einigen Bergdörfern einen Dialekt, der sich vom Griechischen ableitet. Viele Dörfer in Kalabrien sind außerdem von albanischen Flüchtlingen gegründet worden und bis heute teils albanischsprachig, der bekannteste von ihnen das Bergdorf Civita.
In Kalabrien liebt man die Fischspezialitäten der Küste. In Bagnara Calabra werden Schwert- und Thunfische gefischt, die 20 Meter hohen Aussichtstürme der klassischen Passarella-Boote sind schwindelerregend. Im Juli ist die ganze Stadt im Schwertfischfieber, auf der Sagra del Pesce Spada wird dann der frische Schwertfisch mit Kapern und roten Tropeazwiebeln als Streetfood verkauft. Jedes Städtchen in Kalabrien hat sein eigenes Rezept für die beste Baccalà oder den besten Stockfisch. Außerdem gibt es überall deftige Suppen und Pasta mit regionalem Gemüse, Auberginen, Paprika, Tomaten, Artischocken, Spargel, Kartoffeln, Bohnen, Erbsen. Zum Frühstück gibt es, nicht nur das lässt bereits die Nähe Siziliens erahnen, Granita aus Mandelmilch und statt Parmesan werden oft geröstete Semmelbrösel über die Pasta gegeben (alla mollica). Zu den bekanntesten Spezialitäten der Region zählen aber vor allem die viel exportierte mildsüße Zwiebel Cipolla rossa di Tropea IGP aus der Küstenstadt Tropea, die Steinpilze aus dem Sila-Gebirge zwischen Cosenza und Catanzaro, außerdem die hocharomatischen kalabrischen Peperoncini. Sie werden auch für die Herstellung der berühmten Nduja verwendet, einer sehr scharfen weichcremigen Wurst aus Schweinebauch und Schweineschulter, Gewürzen und viel Peperoncino, die nicht nur pur aufs Brot gestrichen schmeckt, sondern auch als Pizzabelag oder Würzpaste durchgeht und jeden Pasta-Sugo perfektioniert. Natürlich werden auch in Kalabrien Top-Olivenöle produziert, die bekanntesten darunter sind die DOC-Öle aus Bruzio und Lamezia.
Allein schon für die Kultivierung der Bergamotte aber muss man Kalabrien lieben, deren frisch-herbes Zitrusaroma alle anderen Zitrusfrüchte in Sachen Endorphinfreisetzung noch überragt und nicht ohne Grund lange Zeit unterstützend in der Behandlung psychischer Krankheiten eingesetzt wurde. Eine andere kalabrische Zitrusspezialität ist die Clementine di Calabria IGP.
Das klassisches Streetfood Kalabriens ist das mit verschiedenen Zutaten gefüllte Pittabrot Pitta chicculiata.