Was vor lauter Gerede um die Pasta manchmal untergeht, ist, dass es in Italien auch eine ausgeprägte Reis-Kultur gibt. Im fruchtbaren Norden werden unzählige Reisvarianten kultiviert. Eigens für den berühmten schwarzen Venere-Reis aus dem Piemont reisen Reisliebhaber aus aller Welt ins Land. Auch bemerkenswert ist, dass Reis in Italien nie als nackte Beilage serviert wird, sondern stets als eigenständiges Gericht. Meist in Form von Risotto. Oft aber wird der Reis auch in frittierter Bällchenform (Arancini), als Salat oder als Gemüsefüllung aufgetragen. Der Riso alla Pilota, manchmal auch Risotto alla mantovana genannt, ist wiederum ein Klassiker aus Mantova.
Im Norden Italiens werden unzählige Reis-Varietäten kultiviert
Es ist ein Wunder, dass dieses Gericht außerhalb seiner Heimat nicht viel berühmter ist. Denn seine Einfachheit ist genial und sein Aroma so differenziert, dass man angesichts der wenigen Zutaten in schieren Unglauben verfällt: Guter Vialone Nano-Reis, Mantovaner Salamella (eine lokale Salsiccia-Spezialität), Butter, geriebener Grana Padano.
So schön die Vorstellung sein mag, dieses Reisgericht aus Mantova sei ein traditionelles Piloten-Gericht – kurz vor Abflug zur Stärkung eingenommen, bevor es auf eine lange Reise über den Äquator ging – so falsch ist sie. Die Piloti waren nicht etwa Flieger, sondern die Arbeiter in den Reismühlen der weitläufigen Po-Ebene. Ihr Name leitet sich von der pilatura ab, dem Schälen der Reiskörner.
Egal, mit welchem Experten man über dieses Gericht spricht, keiner von ihnen wird müde auf die entscheidende Bedeutung der idealen Reiszubereitung zu beharren.
Und die unterscheidet sich insofern maßgeblich von der des Risottos, als dass der Reis während des Kochens nicht gerührt werden darf. Der Legende nach sei es zu dieser speziellen Zubereitungsmethode gekommen, weil ein pilota es sich bei der Arbeit an der Reismühle nicht habe erlauben können, den Reis stetig zu rühren.
Die Zubereitungsmethode des Riso alla Pilota ist ein geradezu sakraler Akt
Wir empfehlen, die traditionelle Methode zumindest beim ersten Mal zu befolgen wie einen heiligen, über Leben und Tod entscheidenen Ritus, allein aus Gründen des Respekts und des Vergnügens. Ob man später leichte Abweichungen etwa beim sakralen Einfüllen des Reis in den Topf verantworten kann, muss jeder selbst entscheiden.
Und so geht’s: Dass man nur den besten Vialone Nano-Reis verwendet, versteht sich von selbst. Um ihn zu kochen, nimmt man nun idealerweise einen wärmespeichernden Topf, aus Ton oder Gusseisen zur Hand. Auf einen Teil Reis kommen zwei Teile Wasser. Der Reis wird jedoch erst hinzugefügt, wenn das leicht gesalzene Wasser (hier wirklich vorsichtig sein, da sowohl Salsiccia als auch der Käse für ausreichend Salz sorgen) kocht. Man lässt den Reis dafür in die Mitte des Topfes rieseln, und zwar durch ein zu einem Trichter geformtes Blatt Papier.
Nun steht der Reis wie eine flache Pyramide im kochend heißen Wasser. Die Spitze dieser Pyramide sollte aus dem Wasser ragen, aber nicht weiter als einen Zentimeter. Der Reis soll jetzt zehn Minuten lang ohne Deckel kochen. Dabei rutscht die Spitze von selbst unter die Wasseroberfläche.
Nervöses Umrühren ist, wie gesagt, verboten. Wer es nicht lassen kann, darf ein zartes Rütteln am Topf wagen, damit der Reis nicht vollständig am Boden anhockt. Nach zehn Minuten wird die Flamme ausgeschaltet und der heiße Topf mit einem Deckel versehen und in ein Küchenhandtuch gewickelt. Fünfzehn Minuten lang darf der Reis jetzt ruhen und das restliche Wasser absorbieren.
Wer keine Mantovaner Salamelle für den Riso alla Pilota bekommt, nimmt mit einer einfachen Salsiccia Vorlieb
Währenddessen widmet man sich den Salamelle. Diese gerollte Mantovaner Salsiccia-Variante besteht aus kräftig mit mit Pfeffer, Knoblauch und Muskatnuss gewürztem Schulterfleisch und Bauchspeck des Schweins. Am nächsten ans Original kommt man, indem man sie durch eine schlichte, wenig bis gar nicht gewürzte Salsiccia ersetzt und dabei mit ein wenig Knoblauch, Pfeffer und Muskatnuss selbst nachhilft.
Ein gutes Stück Butter in der Pfanne zerlassen und die mit der Gabel zerdrückte Salsicca darin scharf an- und gut durchbraten lassen. Währenddessen Grana Padano oder Parmigiana Reggiano fein reiben. In Mantova verwendet man selbstverständlich den lokalen Grana Padano. Parmigiano Reggiano ist Sache der Emilianer.
Ist der Reis nach fünfzehn Minuten ideal durchgegart, den Pfanneninhalt einfach dazu geben und gut unterheben. Auch den Grana beimischen. Und gleich servieren.
Zutaten für zwei Personen
250 Gramm Riso Vialone Nano, 500 Milliliter Wasser, 200 Gramm Salsiccia (idealerweise Salamelle Mantovane), 50 Gramm Butter, 60 Gramm Grana Padano
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