Die Salsa Moretum ist eines dieser Rezepte, die man im Hinterkopf hüten sollte wie das Prinzip Pesto oder eine Salsa Verde. Sie fügt sich ideal in das Ensemble eines schnell aufgetragenen kalten Abendessen unter Freunden, kommt gern mit auf Picknicks, macht jedes Sandwich interessanter und versteht sich mit mannigfaltigen anderen Spezialitäten.
Außerdem hat sie musealen Charakter. Der Kräuterfrischkäse aus Schafskäse, Knoblauch, Olivenöl und verschiedenen Kräutern hat ihren Ursprung in der Zeit des Römischen Reiches und ist damit wahrscheinlich eines der ältesten Rezepte der italienischen Küche. Diverse alte Schriften überliefern das Rezept und bieten zahlreiche Varianten.
Die Zusammenstellung der frischen Kräuter ist dem persönlichen Geschmack oder der Beschaffenheit des eigenen Kräutergartens überlassen. Auch der eingesetzte Schafskäse kann unterschiedliche Reifegrade haben. Je nachdem, wie es einem gefällt, kann man die Salsa mal weicher, mal kompakter servieren. Auf Basis eines weichen jungen Frischkäse oder mit lang gereiftem Pecorino.
Universaler Klassiker aus dem Alten Rom: Die Salsa Moretum
Eine der präzisesten Anleitungen für die Salsa Moretum birgt ein Vergil zugeschriebenes Gedicht namens Moretum. Darin bereitet der Bauer Simulus sich zur Stärkung für die bevorstehende Arbeit aus gereiftem Käse, Knoblauch und den gerade in seinem Garten verfügbaren Kräutern die Salsa Moretum und ein einfaches Fladenbrot zu. In dem auf Deutsch „Das Mörsergericht“ betitelten Gedicht ist von einer Kräutermischung aus Knoblauch, Eppich (Selleriegrün), Raute und Koriander die Rede, die im Mörser mit Salz, Käse, Olivenöl und Essig zerrieben werden.
Man muss es diesem alten Bauern also nur gleich tun und nachsehen, was der Garten gerade bietet. Der Vorteil eines eigenen Kräutergartens ist, dass man dort das im Handel so gut wie unmöglich zu beschaffende Heil- und Küchenkraut namens Weinraute selbst anbauen kann.
Lohnen sich: alle Varianten
Apropos Variantenreichtum: Eine andere Variante von Salsa Moretum beschreibt der Autor Columella, in seinem De re rustica betitelten Handbuch zum richtigen Betrieb eines Bauernhofes, und das klingt dann so: „Tu in einen Mörser Bohnenkraut, Minze, Weinraute, Koriander, Eppich, Schnittporee – oder in Ermangelung dessen frische Zwiebel, Blätter von Lattich und Rauke, grünen Thymian [oder] Katzenminze sowie grünen Polei; dazu gib frischen gesalzenen Käse; reibe alles gründlich durcheinander und rühre dann Pfefferessig hinein. Nach dem Anrichten dieser Mischung auf einer Schüssel gieße Öl darüber. Ein anderes Rezept: Stampfe die oben genannten Grünkräuter, reibe dann Walnußkerne in beliebiger Menge darunter, rühre etwas Pfefferessig hinein und gieße Öl darauf. Drittes Rezept: Reibe leicht gerösteten Sesam mit den oben genannten Kräutern zusammen, rühre wie vorher etwas Pfefferessig hinein und gieße Öl darüber…“
Wir haben uns lose an Vergil gehalten und eine Salsa Moretum aus gereiftem Pecorino, Selleriegrün, Koriander, Dill, Petersilie und Knoblauch mit Olivenöl, Essig, etwas Wasser und einem gereiften Pecorino püriert. Das ergibt eine streichfähige Paste, die auf frischem Brot innerhalb von Minuten geleert ist. Vergil allerdings formt mit den Händen einen kompakten Ball aus seiner Salsa, dafür nimmt man mehr des reiferen Käses und weniger der flüssigen Elemente. In diesem Sinne: Frohes Experimentieren.