Sbrisolona

Sbrisolona

Liebeserklärung an eine sogenannte Torta, die eher ein riesiger Mandelkeks ist. Und zuverlässig jeden Tag verschönert.

Von Juri Gottschall

In diesem Text geht es um eine norditalienische Süßspeise. Es geht aber auch um eine Empfehlung. Nicht nur für die Sbrisolona, den mürben, keksartigen Kuchen aus der östlichen Lombardei und den angrenzenden Provinzen. Sondern vor allem für eine Reise, die so einfach und unkompliziert ist, wie die dazugehörige sogenannte Torta.

Die Pianura Padana, die Po-Ebene, ist eine vor allem landwirtschaftlich genutzte Gegend. Sie ist geprägt von Plantagen, Feldern, kleinen Flüssen und Bächen. Von schmalen, schnurgeraden Straßen, die durch Dörfer führen, in denen an den meisten Tagen im Jahr niemand zu sehen ist. Und in denen es meist nur eine einzige Kreuzung mit einer Ampel gibt, die in der Mittagssonne verschlafen hin- und herschaltet.

 

Eine geniale Küche

 

Die Gegend ist aber auch Heimat von schönen Städten, hervorragenden Restaurants und einer von Einfachheit und Genialität geprägten Küche. Die Po-Ebene wird oft unterschätzt. Weil sie für viele Urlauber und Italienreisende nur ein lästiger Autobahnabschnitt zwischen dem Gardasee und der Emilia ist, den es zu durchqueren gilt bevor man endlich am Meer/in Florenz/auf dem Campingplatz ankommt.

Ich liebe die Po-Ebene. Die verpennten Dörfer und Städtchen. Asola, mit seinem Jugendstil-Café, das aussieht wie ein Kunstwerk und trotzdem immer nur von drei alten Herren bevölkert wird. Mantova, mit seiner in ganz Italien berühmten Küche. Gonzaga, wo es einmal im Monat einen Antiquitätenmarkt gibt, der bestimmt zu den schönsten in ganz Europa gehört und wo mir ein zweifelhafter Verkäufer kürzlich das Bild eines Schülers von Michelangelo andrehen wollte. Ich würde ihm sogar zutrauen, dass es echt war.

Wann immer ich durch die Po-Ebene fahre, mache ich Halt in Valeggio um frische Pasta zu kaufen und trinke nachmittags einen Caffè in Sabbioneta, einem der schönsten Orte Italiens, in dem seit mindestens 50 Jahren kein Haus, kein Schild und kein Geschäft renoviert worden ist.

Abends esse ich dann bei Massimo Spigaroli oder in einem der anderen unzähligen Spitzenrestaurants rund um Parma.

Ich meine es ernst: Diese kleine Reise kann ich nur jedem empfehlen, der Italien liebt. Ich habe sie schon so oft gemacht, dass ich es nicht mehr zählen kann und freue mich schon jetzt aufs nächste Mal.

 

Immer eine Sbrisolona in Reichweite

 

Was ich bei all dieser Begeisterung nicht erwähnt habe, sind die mindestens drei bis vier Stücke Sbrisolona, die ich auf dem Weg gegessen habe. Die Sbrisolona oder „Torta Sbrisolona“ ist ein krümeliger Kuchen, der seine Heimat zwischen Mandelplantagen und Milchbauern hat. Deshalb besteht er auch vor allem aus Mandeln und Butter.

Es gibt ihn in kleinen Stücken zum Dessert, egal ob im Sternerestaurant oder in der einfachsten Trattoria. Es gibt ihn zum Kaffee, zum Frühstück und zwischendurch. Man kann sich darauf verlassen, dass zwischen Cremona, Parma, Verona und Ferrara immer eine Sbrisolona in Reichweite ist, egal wo man sich gerade befindet. Weil die Sbrisolona aber natürlich gar keine „Torte“, sondern vielmehr ein riesiger Mandelkeks ist, ist sie lange haltbar und die perfekte Süßspeise, die man immer vorrätig haben kann. Und sie ist in wenigen Minuten zubereitet.

Ich liebe die Sbrisolona so sehr, dass ich sie auch in Deutschland backe. Das Gute ist: Wenn man sich ein wenig Mühe gibt, schmeckt sie wirklich genau so wie in Italien.

Los geht’s:

 

In einer Schüssel vermische ich 100 Gramm Weizenmehl (Tipo 00 oder 405) mit 100 Gramm Maismehl. Maismehl bekommt man Deutschland zum Beispiel im Reformhaus. Es ist wichtig, keine Polenta bzw. Grieß zu benutzen, sondern wirklich fein ausgemahlenes Maismehl. In Italien bekommt man es in jedem Supermarkt als „Farina gialla“.

Dazu kommen 100 Gramm Mandeln (mit Schale), die ich grob hacke. Wer möchte, kann auch einen Teil der Mandeln durch Mandelmehl ersetzen (gibt es auch im Reformhaus). Dazu gebe ich 100 Gramm Butter in kleinen Stücken. In manchen Gegenden benutzt man auch Schweineschmalz oder eine Mischung aus Butter und Schmalz. Dann noch ein Eigelb, etwas Vanille, ebenfalls 100 Gramm Zucker und ein bisschen Zitronenabrieb.

Nun wird alles mit den Händen gut durchgeknetet bis es sich einigermaßen verbunden hat. Man darf hier aber keinen festen Teig erwarten, es ist vielmehr eine krümelige Paste, die gerade so zusammenhält. Ich lege dann eine Backform mit Backpapier aus und drücke den Teig mit den Händen hinein, sodass er wenige Zentimeter hoch steht. Dann gebe ich noch ein paar ganze Mandeln als Dekoration darauf und bestreue alles mit einer dünnen Schicht Zucker.

Im auf 180 Grad aufgeheizten Backofen darf die Sbrisolona nun ca. 30 Minuten backen, bis sie leicht bräunt. Dann muss sie abkühlen und am besten noch einen Tag austrocknen um die mürbe, bröselige Konsistenz zu bekommen. Sie ist das perfekte Frühstück, Dessert und Zwischenmahlzeit.

 

 

Dieses Rezept ist in auch unserem ersten Kochbuch "SPLENDIDO - Italienisch kochen mit besten Zutaten und viel Gefühl"enthalten.

Es ist im DuMont-Verlag erschienen und wurde mit dem Deutschen Kochbuchpreis 2022 in Gold und Silber ausgezeichnet.




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