Tiramisu

Tiramisù classico

Keine Lust zu arbeiten und draußen ist es kalt? Der ideale Zeitpunkt, sich in die Zubereitung eines Tiramisù zu flüchten.

Von Mercedes Lauenstein

Es gibt viele schöne Möglichkeiten, sich dem eigentlich Anstehenden zu entziehen. Zum Beispiel durch das spontane Zubereiten eines Tiramisù. Adieu Schreibtisch, an dir komme ich sowieso nicht weiter, das Steißbein schmerzt, der zuckerglänzende Eischnee ruft. Außerdem ist ein Tiramisù so schnell gemacht wie eine gepflegte Kaffeepause dauert.

Natürlich gibt es in Italien eine Accademia del Tiramisù. Dort ist man sehr bemüht um die nicht unumstrittene Tradition und Geschichte der aus Treviso im Veneto stammenden Speise. 

 

Das Tiramisù ist klassischerweise eine winterliche Nachspeise

 

Dass das Wort Tiramisù wörtlich übersetzt Zieh-mich-hoch bedeutet, also: Muntere mich auf, kräftige mich, rinforza il mio corpo, weiß mittlerweile natürlich jeder. Wer es ursprünglich erdacht hat, ist wie so oft weniger klar. Die einen behaupten, es sei schon im 18. Jahrhundert in venezianischen Bordellen als Aphrodisiakum gereicht, die anderen beharren darauf, es sei erst um 1960 von einem Trevisaner Gastronom erfunden worden. Von dem Schriftsteller und Journalisten Giovanni Comisso ist überliefert, dass seine bereits 1829 in Treviso geborene Großmutter La nobile Giuseppina Tiretta das Tiramisù mit Vorliebe als vollwertiges winterliches Abendessen zelebrierte. Dies machte sie nicht nur zur Lieblingsgroßmutter ihrer Enkel, sondern auch zu einer der zahlreichen historischen Figuren in der Geschichte der mittlerweile berühmtesten Süßspeise der Welt.

Ins Tiramisù gehören traditionsgemäß weder Sahne noch Schnaps

 

Klar scheint der Quellenlage nach: Das Tiramisù ist eine winterliche Speise. Mascarpone wurde einst im Winter produziert und vor der Einführung des Kühlschranks musste es draußen kalt sein, damit sich auch das rohe Ei im Tiramisù gut hielt.

Die Zutaten sollten traditionsgemäß aus nichts als in Espresso getränkte Savoiardi (oder Pan di Spagna, also Biskuitboden), eine crema aus Mascarpone, Ei und Zucker und einem velo puren Kakaos bestehen. Keine Sahne. Und auch weder Marsala noch Amaretto, Vin Santo, Rum oder Portwein gehören traditionell in das Tiramisù. Allenfalls serviert man dazu ein Gläschen Dessertwein oder Likör.

Und damit ans Werk: Für ein Tiramisù, an dem etwa vier Personen mitessen können, vier Eier trennen. Das Eigelb mit ungefähr 100 Gramm Zucker schaumig schlagen. Danach ungefähr 500 Gramm Mascarpone einrühren, beiseite stellen. Ob in diese Creme nun auch noch Eischnee eingearbeitet werden soll, daran scheiden sich die Geister und Geschmäcker. Das Originalrezept der Accademia verzichtet darauf – so wird die Creme fester. Viele Haushalte verwenden ihn trotzdem und schätzen die entstehende Luftigkeit der Creme. Wer möchte: Etwa 50 Gramm Zucker zum Eiweiß geben und steif schlagen, bis der Eischnee glänzt und man die Schüssel theoretisch auf den Kopf stellen könnte, ohne dass der Eischnee hinausfiele. Nun beide Mischungen vereinen. Den Eischnee dafür vorsichtig unter die Mascarpone-Mischung heben.

 

Die Savoiardi dürfen beim schnellen Wenden im Espresso nicht durchsuppen, ihr Kern sollte hell bleiben

 

Ungefähr sechs bis sieben Tassen Espresso in ein Gefäß geben, das so groß ist, dass man die Löffelbisquits bzw. Savoiardi bequem darin wenden kann. Den Espresso kann man zuckern, ich mache es nicht.

Die Kekse für die erste Lage kurz und behutsam darin wenden, so dass sie zwar rundherum mit Espresso in Kontakt gekommen, aber nicht völlig durchweicht sind. Ihr Kern sollte vom Kaffee unberührt bleiben und erst durch das Ziehen im Kühlschrank später sanft erweichen ohne durchzusuppen. Kekse nun in eine mittelgroße Gratinform schichten und mit einer Lage Creme bedecken. Die Kekse für die nächste Lage im Espresso wenden und auf der Cremeschicht anordnen. Wieder mit Creme bedecken. So fortfahren bis alle Zutaten aufgebraucht sind bzw die Gratinform gefüllt.

Das Tiramisù gut abdecken und für mindestens sechs, besser zwölf Stunden in den Kühlschrank stellen und durchziehen lassen. Erst direkt vor dem Servieren pures, dunkles Kakaopulver in ein kleines Sieb geben und behutsam darüber pudern.



Produktkunde

Kleine Produktkunde: Espresso

 

Italienischen Espresso gibt es in so vielen Varianten, dass wahrscheinlich fast jeder eine eigene Lieblingsmarke hat. Wir schwören in der Splendido-Redaktion auf den Kaffee von La Brasiliana. Mitten in einem Gewerbegebiet vor den Toren der Stadt Ferrara gelegen, ist sie eine der weniger bekannten Kaffeemarken Italiens, die inzwischen bereits von der dritten Generation der Familie Govoni geführt wird. 1948 kaufte Carlo Govoni ein kleines Geschäft in der Innenstadt von Ferrara und röstete dort hinter großen Fensterscheiben seinen Kaffee. Das fanden die Passanten nicht nur optisch eindrucksvoll, es verströmte auch einen guten Duft in engen Gassen der alten Stadt. Govonis bald erwachsene Kinder übernahmen den Betrieb und entwickelten eigene Mischungen für die Bars der Stadt, die schnell über die Grenzen Ferraras hinaus bekannt wurden.

Empfehlung: Die klassische, „blaue“ Mischung Marfisa mit einem hohen Anteil Arabica Bohnen.


La Brasiliana
 

In diesem Text sind Amazon-Links verknüpft. Beim Kauf eines Produkts über diese Links, bekommen wir eine kleine Provision, die uns hilft, den Betrieb dieser Seite aufrechtzuerhalten. Für den Käufer entstehen dadurch keinerlei Kosten. Alle Empfehlungen sprechen wir aus tiefster Überzeugung und echtem Interesse aus. Wir werden nicht von den Herstellern bezahlt und haben alle hier empfohlenen Produkte von unserem eigenen Geld gekauft.