Tortelli della Possenta

Tortelli della Possenta

Die mit Kirschen gefüllte Pasta ist die sommerliche Alternative zu Tortelli di zucca, den klassischen Kürbisnudeln aus Mantova.

Von Juri Gottschall

Wir haben hier schon oft über die fast schon legendären Teigwaren der Mantovaner Küche geschrieben. Insbesondere die Tortelli di zucca, die Kürbistortelli, mit ihrer Füllung aus Kürbis, Amaretti und Mostarda sind geschmacklich mit nichts zu vergleichen, was die italienische Küche sonst so kennt. Isst man sie frisch in Mantova und Umgebung (besonders zu empfehlen – man kann es nicht oft genug sagen – ist für dieses Unterfangen das Örtchen Valeggio sul Mincio), ist man beim ersten Mal wahrscheinlich geschmacklich leicht überfordert. Ist das eine Süßspeise? Da ist doch Käse drin. Wieso schmeckt das so nach Mandeln und Zimt und woher kommt die Schärfe? Und ist überhaupt schon Weihnachten?

Dann verliebt man sich wahrscheinlich unmittelbar in den Geschmack und spätestens nach der dritten, hauchdünnen und in Butter schwimmenden Nudel, möchte man schon den nächsten Teller bestellen. Was man übrigens auch tun sollte und was in einschlägigen Nudelrestaurants so ziemlich jeder tut. Blöd nur, dass Kürbis ein ausgesprochenes Wintergemüse ist.

Ricotta, Rotwein und Kirschen aus der Possenta

 

Das dachten sich wahrscheinlich auch die nudelverfressenen Anhänger der cucina mantovana und haben deshalb kurzerhand ein paar Dörfer weiter, in Ceresara, eine sommerliche Alternative erfunden. Sie nennen sie – nach der Gegend ihrer Herkunft – Tortelli di Possenta und der Kürbis wird hier durch reife Kirschen ersetzt. Dazu kommt noch Ricotta und Rotwein. Nun muss man dazu sagen, dass es ohnehin ein kulinarischer Genuss ist, im Sommer die Po-Ebene zu durchstreifen.

An jeder Ecke biegen sich die Bäume unter reifen Pfirsichen, bieten Bauern jedes nur erdenkliche Obst und Gemüse direkt vom Feld an und sieht man kleine Stände mit frisch geernteten Melonen. Die wachsen jetzt dort, wo im Herbst die Kürbisse geerntet werden. Klar, dass auch die hier kultivierten Kirschen der Possenta verarbeitet werden müssen. Also schnell eingekauft und zuhause Nudeln gemacht.

Zunächst lege ich eine Knolle Rote Bete in den Backofen und lasse sie dort so lange in Folie eingewickelt garen, bis sie weich ist. Ich schneide sie dann auf und püriere ihr Fruchtfleisch zu einem möglichst trockenen Brei. Ich verarbeite ihn dann zusammen mit Eiern, Mehl, Salz und Hartweizengrieß zu einem Nudelteig.

 

Vincotto – süßer, gewürzter Most

 

Während dieser Teig im Kühlschrank ruht, entferne ich die Kerne aus den Kirschen und gebe die Früchte zusammen mit einer Prise Zimt in einem Topf. Dort lasse ich sie kurz in etwas Butter anrösten und lösche sie dann mit Vincotto ab. Vincotto ist eine Spezialität, die zwar dem Balsamico ähnelt, aber kein Essig ist. Vielmehr ist der Vincotto ein sehr süßer, mit einigen Gewürzen angereicherter, konzentrierter Most, der als Würzmittel benutzt wird. Man kann Vincotto in guter Qualität im Internet bestellen. Man kann die Kirschen aber auch einfach in gutem Rotwein kochen, auch wenn der Geschmack natürlich nicht derselbe ist. Wenn die Flüssigkeit fast verdampft ist, püriere ich die Kirschen leicht an (sie sollen nicht flüssig werden, aber auch nicht mehr als ganze Früchte erkennbar sein) und lasse sie abkühlen.

Jetzt vermische ich die Kirschmasse mit Ricotta, reichlich Parmigiano Reggiano (in Mantova verwendet man allerdings traditionell Grana) und kleingeschnittener Mostarda (wie die in Senf eingelegten Früchte hergestellt werden, haben wir hier schon mal beschrieben). Außerdem würze ich mit Pfeffer, Salz und Muskatnuss. Die Konsistenz optimiere ich noch durch die Zugabe von Semmelbröseln bis eine gut formbare, weiche
Füllung entsteht.

 

Eine cremige Emulsion

 

Nun rolle ich den Teig so dünn wie möglich aus, steche Kreise daraus aus und gebe jeweils einen großen Teelöffel der Füllung hinein. Dann werden die Tortelli einfach zugeklappt und als Mezzelune serviert. Zumindest ist das die klassische Form in Possenta.

Auf den Teller kommen sie dann klassisch mit Salbeibutter bzw. einer Emulsion aus Butter, Wasser und Salbei. Ich erhitze Butter bis sie fast komplett geschmolzen ist und gebe dann etwas stärkehaltiges Kochwasser der Nudeln dazu. Unter ständigem Rühren verbindet sich nun beides zu einer cremigen Emulsion, in der ich die Salbeiblätter kurz ziehen lasse. In dieser Emulsion schwenke ich die Nudeln und serviere sie dann mit frisch geriebenem Grana.