Farinata

Farinata

Kein Getreidemehl, keine Butter, nichts, und doch so bodenständig und sättigend, als wäre dem so: Kichererbsentorte. Dazu nur ein kaltes Bier.

Von Mercedes Lauenstein

An einem heißen Sommerabend vor ein paar Jahren irrte ich bei Sonnenuntergang durch die Straßen von Livorno. Livorno ist eine dieser Städte, bei denen einem hinter einer Straßenecke plötzlich der haushohe Bug oder Rumpf eines Passagierschiffes entgegen kommt und man für einen kurzen Moment nicht mehr weiß, ob man träumt oder wacht, bis einem wieder einfällt, dass man in einer Hafenstadt unterwegs ist.

Jedenfalls wollte ich in Livorno Kichererbsentorte essen, torta di ceci oder auch farinata genannt, und zwar eine der besten der Stadt in der Torteria da Gagarin. Die  Torteria da Gagarin liegt in der Nähe des Mercato Centrale. Zwischen Mülltonnen und parkenden Mofas huscht man durch einen klimpernden Fliegenschutzvorhang und steht an der Theke, hinter der, na klar, aus einem lodernden Feuerofen, riesige runde Backformen mit torta di ceci geholt werden. Man bekommt sie in Papier gewickelt entweder pur auf die Hand, oder in eine Focaccia gesteckt verkauft, und am besten schmeckt sie zu einem kühlen Bier.

 

Der große Reiz der Farinata ist ihre deftige Bescheidenheit

 

Ich bekam meine torta und aß sie noch vor der Tür, an die Wand gelehnt neben den ausgestellten Wäscheständern und Feudeln eines Haushaltswarengeschäftes. Während man eine Farinata isst, denkt man mehrmals: Ich esse nichts, außer gebackenes Kichererbsenmehl, Wasser, Olivenöl und Salz? Möglicherweise findet man diesen Gedanken zuerst langweilig und die Farinata etwas zu ölig. Und doch will man immer noch einen Bissen nehmen und zum Schluss Nachschlag. Die Kruste knuspert, der Teig ist zart und flaumig. Das Aroma? Erinnert an Sprossen, Bohnen, Omelette, und die Kruste hat etwas von Lasagnen-Kruste.

 

Man kann die Farinata behandeln wie eine Frittata und alles hineinbacken, was man grad da hat: Rosmarin, Zwiebeln, Gorgonzola, Oliven oder Artischocken

 

Kichererbstentorte ist in Italien vor allem an der nördlichen und westlichen Küste und auf Sardinien und Sizilien bekannt. In Südfrankreich gibt es sie auch, als Socca oder Cade mit Rosmarin und Zwiebeln. Im Piemont gibt man manchmal kurz vor dem Servieren noch etwas Gorgonzola darauf. Am besten schmeckt sie pur, aber man kann sie behandeln wie eine Frittata und alles hinein backen, was einem gerade vorschwebt.

Kichererbsenmehl kriegt man, wenn nicht in Italien in jedem Supermarkt, in Deutschland in Bioläden. Mit Wasser vermischen und rühren, so dass der Teig glatt und geschmeidig ist und mindestens 30 Minuten quellen lassen.

Noch besser wird der Teig, wenn man ihn über Nacht quellen lässt. So wird die Farinata noch luftiger.

Eine Backform, am besten ein Blech oder eine Tarteform, mit Öl einpinseln. In Italien backt man Farinata in wenige Zentimeter flachen Kupferformen. Jetzt den durch das Quellen entstandenen Schaum auf dem Teig abschöpfen und noch einmal durchrühren. Der Teig bleibt übrigens fast flüssig, wovon man sich nicht abschrecken lassen sollte. Im Ofen bekommt er schnell die richtige Konsistenz.

Etwas Öl dazu und optional die gewünschten Gewürze oder Gemüse, und ab in die Form damit. Je nach Belieben so dünn ausbacken wie man es gern hat, bis die ganze Torte goldbraun ist. Am besten schmeckt ein Durchmesser von 0,8 bis 1 Zentimeter. Sollte man keinen Holzofen zur Hand haben, ist man gut damit beraten, am Ende den Grill im Backofen zuzuschalten. So kriegt die Oberfläche ein bisschen mehr Hitze ab und bekommt eine schönere Farbe und eine köstliche Kruste. Es funktioniert ähnlich gut, wenn man die Farinata in der Pfanne backt wie ein Pfannkuchen.