Wer Carlo Petrini von Slow Food schon mal live gehört hat, kennt sicher auch seine Paprika-Geschichte. Er erzählt sie eigentlich auf jedem Vortrag. Eines Tages sei er in seiner Heimat im Piemont bei einem befreundeten Koch zum Essen gewesen, der ihm, wie immer, seine geliebte Peperonata zubereitete.
Idealerweise kommt man für diese Peperonata an Peperoni quadrati d’Asti
Allerdings verwendete dieser Koch dafür plötzlich nicht mehr die hocharomatischen Peperoni quadrati d’Asti aus dem benachbarten Asti, sondern billige holländische Treibhausware, wässrig bis geschmacklos, voller Wachstumsregulatoren und Pestiziden. Alles, weil der Paprika-Anbau im Piemont im Vergleich zur billigeren Massenproduktion in Holland zu teuer geworden war und die ehemaligen Piemonteser Paprikabauern jetzt mehr verdienten, indem sie ihre Felder zur Vermehrung von Tulpenzwiebeln nutzten, die sie wiederum nach Holland für den dortigen Tulpenanbau exportierten.
Wenn man hört, wie Petrini von einer Peperonata schwärmt, möchte man sofort auch eine essen
Wenn man hört, wie Petrini von einer Peperonata schwärmt, möchte man sofort auch eine essen. Dabei mochte ich Paprika (übrigens männlich) als Gemüse bisher nicht einmal besonders. Er ist ja immer in so unleidlichen Gerichten drin: vegetarischen Burritos, Mensa-Salaten, schlechten Wok-Pfannen.
Aber es lohnt sich oft, verhassten Dingen eine zweite Chance zu geben. Vor allem wenn einem zufällig ein Haufen lokal angebauter, leicht unförmiger und sehr aromatischer Paprika in die Hände fallen. In meinem Fall war das ein Markt in Italien, aber ich bin sicher, auch in Deutschland gibt es irgendwo gute Paprika. Im Zweifel Spitzpaprika nehmen, die sind oft aromatischer als die üblichen. Nur die dunkelgrünen weglassen, die sind zu herb für die süße Peperonata.
Im Zweifel Spitzpaprika nehmen, die sind oft aromatischer als die üblichen
So geht’s: Rote und gelbe Paprika entkernen und von ihrem weißen Flaum befreien (und, wer sich die Mühe machen mag: schälen). In Streifen schneiden. Dazu auch ein paar mild-süße rote Zwiebeln, wenn möglich Tropea, in ähnlich große Streifen schneiden. Außerdem Knoblauch in dünne Scheiben schneiden. Nun Zwiebeln und Knoblauch auf kleinster Flamme in Olivenöl (das italienische Rezept spricht von fuoco dolce) sehr, sehr langsam glasig dünsten. Röstaromen sind hier fehl am Platz.
Paprikastreifen hinzufügen. Mit ihnen geschieht nun dasselbe, auch sie wollen fuoco dolce, und bei ihnen ist es fast noch wichtiger, dass sie sehr lange auf niedriger Flamme vor sich hin simmern. Sie sollen so seidig und geschmeidig wie möglich geraten. Zwischendurch mit Salz abschmecken. Kurz vor Schluss etwas Tomatenpassata zum Abbinden dazugeben und noch etwas weiterköcheln lassen.
Röstaromen sind hier fehl am Platz
Wenn die Konsistenz schließlich stimmt und im Mund alles pure Geschmeidigkeit ist, reichlich frisches Basilikum hacken und noch dazu geben. Außerdem mit einem guten Schuss Rotweinessig und Olivenöl abschmecken.
Die Peperonata kann sofort und jederzeit warm mit Brot, zu Fleisch oder Fisch oder als eine von vielen Vorspeisen gegessen werden, aber im Sommer ist die Peperonata eigentlich am besten aus dem Kühlschrank: kalt auf geröstetem Brot, wie eine Bruschetta.
Weißwein dazu, alles klar.
Es ist im DuMont-Verlag erschienen und wurde mit dem Deutschen Kochbuchpreis 2022 in Gold und Silber ausgezeichnet.