Risotto Pilze

Risotto mit Pilzen

Spricht man in guten Lebensmittelläden die Mitarbeiter einfach mal an, springen dabei oft die besten Rezepte und andere Weisheiten heraus. Zum Beispiel die Erkenntnis, dass ein Risotto nicht „con“ funghi, sondern „ai“ funghi die bessere Wahl ist

Von Mercedes Lauenstein und Juri Gottschall

Ich frage in Geschäften die Menschen hinter der Theke gern, was sie selbst mit einem bestimmten Gemüse, Käse, Fisch oder Fleisch machen würden. Da springen die besten Rezepte bei heraus. Natürlich braucht man dafür einen kleinen, sehr spezialisierten Laden, wo die Mitarbeiter noch wissen, was sie verkaufen. Im Supermarkt läuft es ja eher andersrum und man erklärt dem Menschen an der Kasse, was man da überhaupt gerade kauft, damit er die richtige Nummer zum Eintippen raussuchen kann. Ja, genau, das weiß-grüne Teil ist ein Fenchel.

Die gesamte Historie des Käses

 

Eine sehr guter Adresse um mündliche über die Verkaufstheke hinweg Rezepte abzustauben war jahrelang der leider mittlerweile geschlossene Käseladen der Oriolis in Gavardo. Man bekam von Herrn und Frau Orioli die gesamte Historie jedes Käses vorgestellt, auch empfahlen sie einem zu jedem Produkt mindestens einen Verzehrvorschlag. Kaufte man die Hausspezialität Bagoss, einen extrem würzig-scharfen, gelben Hartkäse aus Kuhmilch und Safran, der so nur von einer Handvoll Bauern in einem kleinen Bergdorf namens Bagolino in der Lombardei produziert wird, riet Giuseppe Orioli einem unter anderem, damit ein Risotto mit Pilzen (am besten mit Steinpilzen) zu machen. Raten ist höflich ausgedrückt – er befahl es einem.

Weißwein? Auf keinen Fall

 

Olivenöl in einem Topf erhitzen, eine fein gehackte Schalotte dazu, dann den Reis dazu, ganz leicht anrösten lassen, mit Brühe (man rühre für diese Brühe am besten einige Löffel selbstgemachter Gemüse-Demi-glace in kochendes Wasser) ablöschen. Unter Rühren garen lassen und immer wieder mit Brühe aufgießen, bis der Reis nur noch ganz leichten Biss hat und seine Stärke sich mit der eingekochten Brühe verbunden hat. Etwas Butter unterrühren und großzügig Bagoss hineinreiben, rühren, fertig. Auf keinen Fall wie bei anderen Risotto-Varianten noch Weißwein hineingeben. Das würde das Bagoss-Aroma verfremden.

Risotto kochen und Pilze braten

 

Währenddessen auf einer zweiten Herdplatte in einer Pfanne in Olivenöl etwas Knoblauch andünsten. Wieder herausnehmen und dann Steinpilze in dem aromatisieren Öl braten. Wer denkt gleichzeitig Risotto kochen und Pilze braten ginge nicht, dem sei gesagt, dass es entgegen aller Gerüchte kein Problem ist, das Risotto auch mal eine Minute ohne Rühren vor sich hin köcheln zu lassen. Die Pilze erst zum Schluss salzen, damit sie nicht ihr ganzes Wasser verlieren.

Die nackten, gebratenen Pilze

 

Und nun, sehr wichtig, Pilze auf gar keinen Fall in das Risotto reinrühren, darauf bestand Herr Orioli mit erhobenem Zeigefinger. Nicht Risotto „con“ funghi, sondern „ai“ funghi. Risotto also erst auf den Teller geben und mit dem Löffel eine kleine Mulde in die Mitte drücken. Dort hinein dann die nackten, gebratenen Pilze legen. So bleiben beide Elemente ganz bei sich und ergänzen sich doch perfekt. Dazu, auch darauf besteht der Mann: ein gut temperierter Cabernet Sauvignon, am besten aus dem Friaul.

Zu den Steinpilzen in die Pfanne kann man übrigens Petersilie geben, noch viel besser aber eignet sich Estragon, das wiederum haben wir von wieder einem anderen Italiener gelernt, Andrea Boscagli: Il dragoncello è il morte dei funghi, pflegt der nämlich zu sagen, was so viel heißt wie: Estragon ist der Tod der Pilze. Heißt: Besser geht’s nicht, zum Sterben gut.