Auf die Welt der Kulinarik ist Verlass, man entdeckt immer etwas, das man noch nicht kannte. Die Scarpaccia di Zucchine ist so ein Kandidat – versteckt sich in der Küche der toskanischen Küste und ist so genial, dass sie eigentlich im Gedächtnis für Klassiker abgespeichert gehört wie Pfannkuchen, Rührei und Spaghetti Aglio e Olio.
Ihr Prinzip ist einfach und genial: Zucchini und Zwiebeln werden moderat gesalzen und einige Stunden lang stehen gelassen, bis das Gemüse Wasser lässt. Dann wird das Gemüse samt seines Wassers mit nichts als Mehl verrührt, bis das Gemüsewasser sich mit dem Mehl zu einem Teig verbunden hat. Man breitet das Ganze sodann auf einem Blech aus, gibt Olivenöl darüber und backt es im Ofen aus, bis ein knuspriger und zugleich saftiger Zucchini-Fladen entstanden ist. Ideal für ein schnelles Mittag- oder Abendessen, köstlich auch abgekühlt zum Picknick, und perfekt geeignet für den frühabendlichen Aperitivo auf dem Balkon.
Zucchini, Zwiebeln, Mehl, frische Kräuter, Olivenöl und ein Ofen – mehr braucht man nicht für die Scarpaccia di Zucchine
Die Scarpaccia stammt aus der Toskana. Und während es – wie immer – viele lokale Varianten gibt, die teils reichhaltiger daherkommen, weil sie zum Beispiel mit Eiern ergänzt oder sogar süß, als Scarpaccia dolce serviert werden, ist die beste doch die einfachste: Die Scarpaccia aus der Gemeinde Camaiore in der Provinz Lucca.
Der etwas flapsige Name (die Silbe -accia hat im Italienischen immer etwas leicht Abschätziges) rührt daher, dass der Fladen mit seinen dürftigen Zutaten eindeutig aus der Cucina povera stammt, und im gebackenen Zustand, böse gesagt, den Eindruck einer heruntergelaufenen, dünnen Schuhsohle machen kann.
Die Scarpaccia di Zucchine ist ein ideales Picknick- oder Aperitivo-Gericht
Nun aber zur Zubereitung. Wir brauchen: Zucchini, und wenn vorhanden auch ein paar Zucchiniblüten. Zwiebeln je nach Belieben. Klassisch sind weiße, gern mischt man sie auch mit einem Hauch Frühlingszwiebeln. Aber auch rote Zwiebeln oder Schalotten eignen sich gut. Frisches Basilikum, nach Belieben ein Hauch Minze, Olivenöl, frisch gemahlenen Pfeffer, Salz und gegebenenfalls einen Schluck Wasser, aber nur für den Fall, dass das Gemüse selbst nicht genügend Wasser lässt oder man es etwas eilig hat.
Los gehts: Zucchini dünn hobeln, Zucchiniblüten in feine Streifen schneiden, die Zwiebel fein hacken oder ebenfalls hauchdünn hobeln, die Frühlingszwiebeln fein schneiden und das Basilikum in feine Streifen schneiden. Eine Anmerkung zu den Frühlingszwiebeln: je mehr man davon verwendet, desto lauchiger wird logischerweise das Aroma der Scarpaccia. Manche mögen das, anderen schleicht sich bei gebackenen Frühlingszwiebeln etwas zu viel Porree-Muff ins Gesamtbild – also lieber erst in die Selbstbefragung gehen, bevor man munter draufloszwiebelt. Die Scarpaccia besteht vor allem aus Zucchini, daran sollte man sich halten.
Alles miteinander in eine Schale geben, moderat salzen und gut vermengen. Abdecken und zwei bis vier Stunden stehen lassen (im Sommer besser im Kühlschrank). Dann vorsichtig mit Mehl verrühren, bis sich aus dem gelassenen Wasser und dem Mehl ein feiner Teig bildet, der das Gemüse überzieht. Weizenmehl Doppio Zero wäre hier das Mehl der Wahl, und auch Manitoba-Mehl kann erfreuen.
Auch möglich, wenn man sich mit einem Rezept aus der Toskana kulinarisch schon in der Gegend der Hülsenfrüchte und Farinate befindet, die Beigabe von etwas Kichererbsenmehl.
Das Gemüse sollte nicht im Teig schwimmen, sondern nur davon benetzt sein
Mit der Mehlmenge nach und nach herantasten und wie erwähnt gegebenenfalls mit Wasser nachjustieren. Wichtig: Das Gemüse sollte keinesfalls im Teig schwimmen, sondern wirklich nur davon überzogen sein, in etwa so, wie das Gemüse in einer Insalata Russa von Mayonnaise überzogen ist. Pfeffern, vielleicht auch noch einmal nachsalzen. Einen guten Schuss Olivenöl dazu und auf ein Blech gleiten lassen. Schön im Blech verteilen.
Nun alles in den auf 200 Grad vorgeheizten Backofen geben und backen, bis die Scarpaccia goldbraun und schön knusprig wirkt. Das kann bis zu 50 Minuten dauern, manchmal ist es auch schon nach einer halben Stunde soweit, es hängt ein bisschen von der Feuchtigkeit der Zucchini und dem Teig ab. Am besten man kontrolliert zwischendurch immer mal wieder. Sollte der Fladen nicht braun und knusprig genug werden, einfach die letzten paar Minuten direkt unter den Grill befördern.
Die Scarpaccia schmeckt warm so gut wie kalt, und am besten in viereckige Stücke geschnitten wie eine Focaccia. Man kann sie pur essen, oder zu jungem Ziegen- oder Schafsfrischkäse. Auch wie die Farinata oder eine Frittata zwischen zwei Brotdeckeln geklemmt schmeckt sie bestens. Im Herbst kann man die Zucchini übrigens auch gut gegen Kürbis austauschen.
Dieser Text ist auch in Merum erschienen, dem Italien-Magazin für Wein, Olivenöl, Reisen und Speisen, mit dem wir regelmäßig zusammenarbeiten.