Tagliatelle Steinpilze

Tagliatelle mit frischen Steinpilzen

Wie man die Steinpilz-Saison am besten begrüßt: mit frischen Tagliatelle, guter Butter und frischer Petersilie. Die Leichtigkeit der Zubereitung färbt sofort auf die eigene Laune ab.

Von Mercedes Lauenstein

Kein Herbst ohne Steinpilze. Natürlich wäre es das Romantischste, man sammelte sie selbst. Nicht nur, weil man sich dabei davon überraschen lassen kann, dass es tatsächlich noch etwas umsonst gibt im Leben, sondern auch weil der Steinpilz am aromatischsten bleibt, wenn er erst kurz vor dem Braten aufgeschnitten wird. Doch man kann der Sammelleidenschaft auch problemlos auf dem nächstgelegenen Markt nachgehen. Wichtig ist nur, dass die cappella, der Hut des Steinpilzes fest und kein bisschen matschig ist. Und am besten bereitet man die Pilze zuhause sofort zu.

Muss man sie noch etwas aufheben, sollte man sie niemals in Plastik lagern, sondern lieber in einem luftigen Korb und am besten auf dem Balkon oder an einem anderen kühlen, belüfteten Ort.

 

Frische Steinpilze niemals waschen, das absorbierte Wasser macht sie matschig

 

„Wie ein Schwein“ bedeutet die auf dem lateinischen Begriff porcinus basierende italienische Bezeichnung porcini für Steinpilze. Vielleicht, weil sie so rund und dick sind, vielleicht weil Konsistenz und Aroma so cremig und herzhaft sind. Doch der Ruf von Schweinefleisch hat in den letzten Jahren gelitten. Wenn „Das Schwein unter den Pilzen“ einst möglicherweise als Kompliment gemeint war, wird es den feinen Pilzen heute nicht mehr ganz gerecht. Sicher ist, dass Steinpilze nicht viel benötigen, um zu glänzen.

Ich bereite meine frisch aus Italien gelieferten Steinpilze deshalb in Andenken an ihre Herkunft, die pilzträchtige Lombardei zu. Maximal minimalistisch, nur in mit Knoblauch aromatisierter Butter und frischem Olivenöl gebraten, mit Salz und Petersilie gewürzt und zu frischen Tagliatelle serviert. In Norditalien würde es niemandem auch nur im Traum einfallen, Steinpilze als Beilage oder innerhalb eines komplizierten Rezepts zu servieren. Je einfacher, desto kraftvoller sind die Tagliatelle mit frischen Steinpilzen. Gut auch für die Person in der Küche, die Leichtigkeit der Zubereitung färbt sofort auf die eigene Laune ab.

So geht’s: Frische Tagliatelle zubereiten oder zur Feier des Tages einkaufen. Die Steinpilze zuerst je nach Verschmutzungsgrad vorsichtig und sparsam mit einem scharfen kleinen Messer von unschönen Stellen befreien. Eventuell mit einem leicht angefeuchteten sauberen Handtuch abtupfen. Bloß niemals unter den Wasserhahn halten oder waschen. Pilze absorbieren Wasser sofort und werden schnell matschig. Falls sie noch nicht halbiert sind, halbieren und auf eingeschlossene Steine oder Ungeziefer untersuchen. Auf deutschen Märkten bekommt man leider fast ausschließlich bereits halbierte Pilze, weil die hiesige Kundschaft sich noch auf dem Markt davon überzeugen möchte, dass sich im Stiel nichts Unschönes verbirgt. Auf italienischen Märkten hingegen kann man auch kistenweise ganze Pilze kaufen.

Die halbierten Pilze nun je nach Geschmack der Breite nach in einen halben bis einen Zentimeter dünne Scheiben schneiden.

 

In Norditalien würde es niemandem auch nur im Traum einfallen, Steinpilze als Beilage oder innerhalb eines komplizierten Rezepts zu servieren. Je einfacher, desto kraftvoller sind die Tagliatelle mit frischen Steinpilzen

 

 

In einer Pfanne Butter und Olivenöl erhitzen und zuerst etwas Knoblauch darin goldbraun braten, um das Fett zu aromatisieren. Knoblauch herausnehmen und die Steinpilze in die Pfanne geben. In Italien brät man Pilze normalerweise nicht scharf und kross an. Sie dürfen zwar zu Beginn ein wenig Farbe bekommen, aber nicht zu viel. Nach dem ersten Braten sollten sie eher bei sanfter Hitze im Fett schmelzen.

Pastawasser gut salzen und zum Kochen bringen. Tagliatelle hineingeben, und von dem nun sprudelnden stärkehaltigen Kochwasser eine Kelle zu den vor sich hin bratenden Steinpilzen geben und damit ablöschen. Pilze und Kochwasser gut vermischen und die Flamme eventuell kurz etwas hochdrehen, damit sich ein schöner cremiger Sud bildet. Die Steinpilze jetzt mit frisch gemahlenem Pfeffer und Salz abschmecken und die frische Petersilie hinzufügen. Wer möchte, kann auch Estragon benutzen.

Die frischen Tagliatelle haben eine äußerst kurze Kochzeit, und können gleich schon wieder abgeschöpft und tropfnass mit den Pilzen in der Pfanne vermischt werden. Alles nun gut durchschwenken, bis jede Nudel von dem cremigen Steinpilzsud ummantelt ist. Reicht die Flüssigkeit nicht aus, mit etwas des übrigen Pastakochwassers und einem Stück Butter und etwas Olivenöl nachjustieren.

Auf keinen Fall gehört auf die Tagliatelle mit frischen Steinpilzen Parmigiano Reggiano oder ein anderer Käse, das würde das feine Aroma der Pilze überdecken. Wer trotzdem mehr will, kann während des Kochens einen Schuss trockenen und nicht zu säuerlichen Weißwein zum Pilzsud geben. In Süditalien gibt man außerdem gern einige wenige frische Tomaten dazu. Das alles aber braucht es aber für den maximalen Steinpilzgenuss gar nicht. Am besten schmecken sie so pur wie möglich.

 

Dieses Rezept ist in auch unserem ersten Kochbuch "SPLENDIDO - Italienisch kochen mit besten Zutaten und viel Gefühl"enthalten.

Es ist im DuMont-Verlag erschienen und wurde mit dem Deutschen Kochbuchpreis 2022 in Gold und Silber ausgezeichnet.




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