Granita Wassermelone

Granita aus Wassermelone

Nostalgische Gedanken über die Wassermelone und ein Rezept für eine Granita mit Bitterschokoladensplittern statt schwarzer Kerne.

Von Mercedes Lauenstein

Früher war es ja noch ein Event, eine Wassermelone zu kaufen. Schon allein ihrer schieren Größe wegen. So lästig es auch war, eine solche Melone nach Hause zu tragen und so überraschend einem dort jedes Mal aufs Neue einfiel, dass sie gar nicht in den Kühlschrank passte, es war doch gut, dass eine Wassermelone so groß war. Sie musste es sein, damit niemand ihre Botschaft überhörte. Mit so einer riesigen Wassermelone rollte nämlich der Sommer ins Leben hinein. Der Heimtransport erforderte zwei starke Erwachsenenarme oder vier angestrenge Kinderarme und zuhause mindestens sechs bis sechzehn Menschen zum Mitessen.

Die übergroße Wassermelone war im Sommer, was der deckenhohe Tannenbaum zu Weihnachten war. Mit der Anschaffung der Wassermelone wurden die Melonentage eingeläutet und zumindest für ein Kind gibt es nichts Selbstverständlicheres und nichts Schöneres als Melonentage. Sie sind heiß und faul und voller Menschen unterschiedlichster Verwandtschafts- und Bekanntschaftsgrade. Sie haben wenig an, müssen nirgends hin und liegen andauernd mit einem im Gras, im Sand oder im Schlauchboot.  Melonentage dauerten ewig und fünf Leben und wenn sie vorbei waren, musste man neue Schulhefte kaufen und es schneite.

 

Die endlose Traurigkeit darüber, dass alles was früher war, für immer verschwunden ist.

 

Das Gute war: Als die letzten Melonentage des Lebens anbrachen, wusste man es zum Glück noch nicht. Dass sie für immer vorbei sind, fällt einem erst Jahre später auf. Wenn man plötzlich erwachsen ist und sich schmerzlich dabei zusieht, wie man eines dieser auf Singlehaushaltsgröße zurecht geschnittenen Melonenstücke in Klarsichtfolie kauft. Oder zu jenen handlich kleingezüchteten Wassermelonen greift und denkt: Ach, irgendwie auch ganz praktisch, dass es die jetzt in klein gibt, aber, naja, egal. Und in diesem Ach und aber steckt die endlose Traurigkeit darüber, dass alles was früher war, für immer verschwunden ist.

Das Einzige, was hilft, in diesem Moment nicht weinend im Supermarkt oder beim Gemüsemann zusammenzubrechen ist: Doch zur großen Melone zu greifen und alles andere da zu lassen. Zuhause kurz zu fluchen, weil nur die eine Hälfte in den Kühlschrank passt. Und weil alle Freunde, die jetzt wenig anhaben und mitessen sollten, arbeiten müssen. Und dann aus der anderen Hälfte einfach Wassermelonengranita zu machen und zumindest den Rest des Tages Melonentag zu machen, wenn schon sein Plural nicht mehr zu haben ist.

 

Die beste Granita aus Wassermelone meines Lebens

 

Die beste Wassermelonengranita meines bisherigen Lebens habe ich in dem kleinen verstaubten italienischen Kurort Salsomaggiore Terme gegessen, und zwar in einer kleinen unscheinbaren, aber unter Kennern weit über die Landesgrenzen der Emilia-Romagna berühmten Eisdiele namens Gelateria Sanelli. Diese Melonengranita war unter anderem deshalb so gut, weil kleine Bitterschokoladenstückchen in ihr enthalten waren. Optisch imitierten sie die schwarzen Kerne der Melone, sensorisch ergänzten sie die Frische der Melone durch zartbittere Überraschungsmomente. Die Kombination wirkte im Mund so harmonisch und naturgewollt, dass ich bis auf Weiteres vergaß, dass Melonenkerne gar nicht aus Bitterschokolade sind.

Hier das Rezept: Die Basis jeder Granita ist immer Zuckersirup. Dafür soviel Zucker wie Wasser in einem Topf auf mittlerer Flamme auflösen bis die Flüssigkeit klar ist. Im Eisfach oder Kühlschrank abkühlen lassen. Wassermelone in Würfel schneiden und mit nur einem bis drei Spritzern Limettensaft im Mixer pürieren. Unter den Zuckersirup mischen und jetzt entweder in die Eismaschine geben und die Eismaschine rühren lassen bis eine körnige Eismasse entstanden ist. Oder die Eismasse in ein gefrierfestes Gefäß geben und im Gefrierschrank runterkühlen – dabei aber alle zehn bis zwanzig Minuten kräftig mit der Gabel durchrühren. Bitterschokolade im Wasserbad schmelzen und tröpfchenweise in die eiskalte Granita einrühren. Die fertige Granita ein Glas füllen und servieren. Die Granita hält sich ewig im Gefrierschrank. Ist die Wassermelone von sich aus ausgesprochen süß, kann man den Zuckersirup optional auch weglassen.